Skip to content Skip to left sidebar Skip to footer

Schlagwort: Krochsiedlung

Stadtteilrundgang Krochsiedlung

Hoher Beteiligung beim Stadtrundgang im Rahmen von Jane´s Walk 2023 durch die Krochsiedlung in Gohlis Nord

Auch mit der dritten Teilnahme am Stadtteilrundgang im Rahmen von Jane´s Walk konnte der Bürgerverein Gohlis eine Begehung auf die Beine stellen, die enorm viele Interessenten anlockte. Mit über 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmern war der Rundgang durch die Krochsiedlung am 07. Mai unter Leitung von ehemaligen Vorständen des Bürgerverein Krochsiedlung wie Herrn Dr. Seidel oder Herrn Krause ein Höhepunkt der Jane´s Walk-Woche.

Dabei erfuhren die Gäste nicht nur spannende Details zu den architektonischen und stadtentwicklungspolitischen Hintergründen der 1929-1930 erbauten Siedlung, sondern es gab mit einer Vielzahl von Anekdoten auch einen Einblick in den Lebensalltag der Bewohner der Siedlung seit deren Bestehen.

Natürlich wurde auch die wichtige Rolle, die der mittlerweile aufgelöste Bürgerverein Krochsiedlung spielte, deutlich gemacht. Das in Verhandlungsprozessen auch die zivilgesellschaftliche Perspektive wichtig ist, zeigt die erfolgreiche Arbeit des ehemaligen Bürgervereins der Krochsiedlung. Als Zeichen der Würdigung und Unterstützung der Arbeit des Bürgerverein Gohlis überreichte Dr. Seidel dem Vorsitzenden Tino Bucksch ein Beitrittsformular. Für alle Teilnehmenden war der Sonntag ein voller Erfolg.

 

Dr Seidel Gründer des Bürgerverein Krochsiedlung e.V.

Die Krochsiedlung – Interview mit Dr. Seidel

von Petra Voigt

Als Einstieg auf den Stadtteilrundgang folgt ein Interview mit Herrn Dr. Seidel und ein Beispiel, was ein Verein alles so leisten kann.

Ein Vorwort:
1928 plante die 1922 von Hans Kroch gegründete AG für Haus – und Grundbesitz wegen der akuten Wohnungsnot in Leipzig die Errichtung einer großen Wohnanlage im Stil des „NEUEN BAUENS“ oder auch Bauhausstil am nördlichen Rand der Stadt.

Hans Kroch entstammte einer angesehenen jüdischen Familie in Leipzig und war ein geschickt agierender Geschäftsmann und Bankier. Mit ihm verbindet man auch das „Kroch-Hochhaus“ am Augustusplatz mit seinem Glockenspiel, Industriepalast und das Königshaus.

Nach einem Architekturwettbewerb planten die Berliner Architekten Mewes und Emmerich eine Wohnanlage mit 1018 2 – 4 Raumwohnungen, die heute noch im Bestand sind.

Herr Dr. Seidel lebt mit seiner Frau seit über 60 Jahren in der Siedlung. Er hat diese Zeit engagiert verfolgt und insbesondere nach der Wende machte sich der Bürgerverein Krochsiedlung e.V. zur Aufgabe, die Restitutionsansprüche der Krocherben, die Sanierung durch den neuen Eigentümer zu unterstützen und mit diesem gemeinsam eine kleine „Schlacht“ gegen die Denkmalschutzbehörde zu schlagen.

Das Interview führte Petra Voigt (2.Vorsitzende Bürgerverein Gohlis)

Herr Dr. Siedel, zunächst herzlichen Dank, dass Sie die Führung durch die Siedlung übernehmen. Ohne Ihren Berichten und Erzählungen vorgreifen zu wollen, geben Sie uns doch eine kleine Über-sicht zur Geschichte der Krochsiedlung:
Herr Dr. Seidel: Die Gebäude wurden im Zeilenbau mit quergestellten Kopfbauten errichtet. Variantenreiche Gestaltung der Grundrisse, farbliche Gestaltung der Fassaden, unterschiedliche Hauseingänge, Loggien und Balkone zeichnen diese Bauten aus. In jeder Zeile befand sich ein mit Hecken umfasster Spielplatz mit Bänken für die Eltern, Teppichklopfstangen u.s.w.. Bereits damals gab es Heizung und Warmwasser, gesichert durch 7 Heizkeller. Ebenso 14 Waschküche mit damals moderner Technik nebst Trockenräumen. Zugleich wurde in der Max -Liebermann – Str. eine Ladenzeile errichtet, die heute noch gewerblich genutzt wird. Sieben Gärtner pflegten die parkähnlichen Anlagen zwischen den Zeilen mit ausgewähltem Baum – und Straucharten. Am 30.10.1930 wurde das Areal offiziell unter „Wohnstadt Gohlis – Nord“ eingeweiht. Schon bald erhielt die Wohnanlage von der Bevölkerung den Namen „Krochsiedlung“. Wenn wir am 07.05.2023 das Areal besichtigen, kann ich Ihnen Geschichte und Geschichtchen näherbringen.

Herr Dr. Seidel, vielleicht doch noch ein paar Ausführungen:
Herr Dr. Seidel: „Nun, anhand der Siedlung ist die wechselvolle Geschichte vom Dritten Reich, über die DDD bis zur Wende 1989 nachzuvollziehen. 1938 verschleppten die Nazis Hans Kroch in ein KZ. Nachdem die Familie auf den gesamten Besitz verzichtet hatte, kam er frei und emigrierte. Seine Frau wurde im KZ Ravensbrück ermordet. Ein Stolperstein, den meine Frau und ich gestiftet haben, vor dem Haus in der Sebastian-Bach-Str. 53 erinnert daran. Die DDR hat die Krochsiedlung 1951 in Volkseigentum überführt und völlig überraschend 1980 auf die Denkmalschutzliste der Stadt Leipzig aufgenommen. Dies hatte in der DDR keine weitreichenden Folgen. Diese überlies die Siedlung sich selbst und sie bot 1989/90 einen doch recht erbärmlichen Anblick. Nach der Rückübertragung der Siedlung an die Krocherben 1996 verkauften diese 1997 an den mittelständischen Bauunternehmer, Gaedeke, aus Mölln, der das Areal weiter liebevoll sanierte. Am Rande: Zuvor hatte bereits die LWG mit der Sanierung begonnen, jedoch nach Fertigstellung von 20 % gestoppt. Es dauerte 5 Jahre, bis die Sanierung weiterbetrieben wurde. Plötzlich war das Thema „Denkmalschutz“ auf dem Plan. Baustopps wurden verhängt. So, wegen der geplanten Anbringung von Wärmedämmung. Die Denkmalschutzbehörde Leipzig lehnte dies ab. Die Firma Gaedeke suchte sich Unterstützung unseres 1992 gegründeten Vereins. Gemeinsam, ich würde sagen, kämpferisch, haben wir erreicht, dass sich eine bewohnbare Siedlung auf aktuelle Herausforderungen einstellen musste. Es wird auch deutlich, dass Bauen, Denkmalschutz und Umweltschutz durchaus realisierbar sind. Dafür hatte sich der Bürgerverein Krochsiedlung eingesetzt und es geschafft.

Herr Dr. Seidel, vielen Dank für die kleine Vorschau. Wir sind gespannt auf den 07.05.2023.

Ein Nachwort: Der Bürgerverein Gohlis e.V. hatte 1999 eine Sonderausgabe „Krochsiedlung“ herausgegeben. Diese Ausgabe werden wir auf unserer Homepage bereitstellen und ggf. einige Exemplar am 07.05.2023 mitbringen.

Für Interessenten zum Thema Kroch in Leipzig verweisen wir auf das Buch: Kroch Der Name bleibt. Von den Autoren Hans-Otto Spithaler/Rolf H. Weber / Monika Zimmermann. Erschienen im Mitteldeutschen Verlag Halle (Saale)

Die Krochsiedlung in Gohlis als Thema für einen Stadtteilrundgang im Rahmen des Jane’s Walk 2023

von Tino Bucksch

Im Rahmen des weltweiten Projektes Jane´s Walk, an dem sich seit 2019 auch Leipzig beteiligt, veranstaltet der Bürgerverein Gohlis am Sonntag, dem 07.05.2023 einen Stadtteilspaziergang durch die Krochsiedlung. Ab 14 Uhr (Treffpunkt: Helgoländer Weg Ecke Norderneyer Weg) laufen wir gemeinsam entlang der markanten Punkte der Siedlung. Die Führung wird Dr. Seidel, Bewohner der Krochsiedlung und langjähriger Vorsitzender des Bürgerverein Krochsiedlung durchführen. Mit seinem Wissen aus 60 Jahren wird dieser einen Einblick in die komplexe Geschichte der Siedlung und deren Architektur und Grundstruktur geben.

Notfallsimulation in der Krochsiedlung

Von Tino Bucksch

Am 22. Oktober war in der Krochsiedlung im Leipziger Norden einiges los – aufgrund vermehrter Beschwerden und Anfragen gegenüber dem Ordnungsamt verursacht durch einen enormen Parkdruck innerhalb der Siedlung, die errichtet wurde zu einer Zeit als die Ahnung über den Bedarf an Abstellflächen für den Individualverkehr noch wie Zukunftsmusik klang, führte das Ordnungsamt der Stadtverwaltung Leipzig eine vor-Ort-Begehung der besonderen Art durch. In einer gemeinsamen Aktion mit dem Polizeirevier Nord und zwei Einsatzwagen der Feuerwache Nord sollten die Anwohnerinnen und Anwohner der Krochsiedlung, durch den simulierten Versuch der beiden Fahrzeuge die Siedlung zu durchqueren, dafür sensibilisiert werden, was das individuelle Parkverhalten für den Fall eines Notfalles in der Siedlung bedeuten würde. Quälende anderthalb Stunden lang dauerte die Vorführung – beding durch mehrfachen Halterermittlungen inklusive des Herausklingelns der Fahrerinnen und Fahrern und dem Unvermögen, um bestimmte Kurven nicht herumfahren zu können, ohne die parkenden Autos zu beschädigen. Damit wurde wohl Jedem und Jeder klar, dass im Notfall in der Siedlung Schlimmeres passieren könnte.

Dabei muss die Situation vor Ort differenziert betrachtet werden. Zum einen herrscht Freude darüber, dass Leipzig wächst und dass auch die Krochsiedlung für junge Familien und zugezogene Gohliserinnen und Gohliser attraktiv ist. Zum anderen ist die Siedlung in einer Zeit konzipiert wurden, als die Frage des zur Verfügung stehenden Parkraumes keine Rolle spielte. Diese beiden widerstreitenden Fakten treffen aufeinander und machen es schwer, das Problem zu lösen. Fest steht, dass eine Gehwegseite zusätzlich zu einem Teil der Grünflächen, die beide komplett als Parkplatz genutzt werden, nicht die Lösung sein können. Komplett öffentlichen Raum und Grünflächen aber in Parkplätze umzuwandeln und damit den Charakter der Siedlung nachhaltig zu zerstören, auch nicht.

Am Ende kann eine befriedigende Lösung nur gefunden werden, wenn die Interessen Aller im Areal an einen Tisch gebracht werden – die Anwohnerinnen und Anwohner, die Stadtverwaltung sowie der Immobilienbesitzer. Wobei es schon innerhalb der Mieterinnen und Mieter keine Einigkeit gibt. Die Vorschläge reichen vom Erhalt der alten Siedlungsstruktur bis hin zur Reduzierung der Grünflächen für Parkflächen oder ein Parkhaus. Der Bürgerverein wird weiterhin versuchen, die widerstreitenden Positionen an einen Tisch zu bekommen. Gerade das Interesse der Anwohnerinnen und Anwohner kann nur Gehör finden, wenn es sich gemeinschaftlich gebündelt gegenüber den anderen zwei Akteuren Gehör schaffen kann.

Gohliser Baugeschehen – Vom Abriss bis zum Platzumbau

Von Matthias Reichmuth

Gohlis ist kein reines Wohngebiet. Es gibt auch Geschäfte, Gewerbe, Büros und damit etliche Arbeitsplätze. Allerdings war die Durchmischung früher größer als heute. Die Gewerbe- und Handwerksbetriebe zwischen den Wohnhäusern werden weniger. In der Lüderstraße 10 gab es vor zwei Jahren noch einen Sanitär-Fachgroßhandel, der inzwischen geschlossen wurde. Das Grundstück wurde verkauft – nach heutigem Baurecht wäre ein vergleichbares Unternehmen in dieser schmalen Anwohnerstraße aber nicht wieder genehmigungsfähig. Also wird das Grundstück zukünftig mit hoher Wahrscheinlichkeit für Wohnzwecke genutzt. Der erste Schritt dafür war nun der Abriss der bisherigen Gebäude, seit August 2020 gibt es daher in der Lüderstraße eine große Baulücke.

Eine andere Baustelle ist vielleicht für manche Betrachter rätselhaft geblieben: Seit Monaten stehen an der Natonekstraße neben dem Kaufland Baufahrzeuge und -geräte, ohne dass bauliche Veränderungen sichtbar sind: Diese finden im Innern statt: Um für eine zukünftige gastronomische Nutzung noch ungenutzer Flächen im Einkaufszentrum die notwendigen Besucherparkplätze zu schaffen, werden in den darunterliegenden Gewölben der ehemaligen Brauerei Kellerflächen zu Parkplätzen umgebaut. Das dauert bei Bewahrung historischer Bausubstanz natürlich länger als bei einem Neubau auf freiem Feld.

Mitte August sind auch nach reichlich sieben Jahren die Gerüste an der Menckestraße 54 gefallen, die Fassade wurde endlich saniert. Kinder im Grundschulalter haben diese Stelle zu Lebzeiten noch nie ohne Gerüst gesehen – das ist uns ein Foto wert!

In Gohlis-Mitte wird auch an etlichen Stellen saniert: So erstrahlt die Fassade der Jägerstraße 2 (Ecke Landsberger Straße) inzwischen in neuem Glanz, auch an beiden Eckgebäuden der Stauffenbergstraße zur Roßlauer Straße stehen Gerüste, und der Platz des 20. Juli wird ebenfalls grundlegend neu gestaltet, das Bild zeigt den Baufortschritt vom 30. August.

In Gohlis-Nord gehen einige Bauprojekte ihrer Vollendung entgegen. An der Bremer Straße 6 bis 8b, gegenüber der Krochsiedlung, werden die neu entstandenen Wohnungen mit allen Komfortmerkmalen derzeit für bis zu 11 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter für einen Einzug ab 01.01.2021 angeboten. Auch die Modulbauten in der Maria-Grollmuß-Straße sehen nach baldigem Einzug aus.

Zum Abschluss lohnt sich noch ein Blick aus Gohlis heraus: Der Viertelsweg wurde in den letzten Jahren als „Fehmarner Straße“ nach Westen verlängert, wo nun eine Mischung aus sanierten Militärbauten (Heeresbäckerei) und Neubauten völlig neue stadträumliche Eindrücke mit sich gebracht hat. Die meisten Gebäude sind inzwischen bezogen und der Spielplatz, der sich in der Mitte über der Fläche einer Tiefgarage erstreckt, wird intensiv genutzt. Die Entwicklung der ehemaligen Kasernenflächen, die mit den Kaisergärten und im Quartier Siebengrün begann, setzt sich derzeit Schritt für Schritt immer weiter nach Westen fort. Dieses Gelände lohnt auch immer wieder einen Spaziergang.