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Schlagwort: Bürgerverein

Geschichte in Geschichten (Teil 5) – Schüler fragen Zeitzeugen: Ludmila Adelheid Scholz

von Frederik van Suntum, Mathilda Uhlmann, Juliana Henke (Bearbeitet und gekürzt durch Ursula Hein und Wolfgang Leyn)

Im Heft 5 des letzten Jahres und auf unserer Homepage wurde das Projekt „Schüler fragen Zeitzeugen“ der AG Stadtteilgeschichte ausführlich vorgestellt. In Zusammenarbeit mit dem Friedrich-Schiller-Gymnasium entstanden im Rahmen des Geschichtsunterrichtes der 10. Klassen spannende Gespräche mit verschiedenen Zeit-zeug*innen der Friedlichen Revolution in Leipzig. Lesen Sie nun auf den folgenden Seiten zwei weitere der insgesamt neun Interviews. Hier im Text redaktionell betreut und gekürzt, wird das gesamte Interview dann auf unserer Homepage zu lesen sein.

Vielleicht haben Sie uns auch – aus Ihrer Erinnerung – noch etwas zu erzählen über die aufregenden Zeiten 1989/90. Wir freuen uns auf Ihre Leserbriefe.

Adelheid Scholz wurde 1944 in Tetschen (heute Děčín/Tschechien) geboren. Als 7-Jährige kam sie mit ihrer Familie nach Leipzig. Seit 1970 lebt sie im Stadtteil Gohlis. Nach dem Studium der Theater- und Kulturwissenschaften an der Leipziger Universität begann sie 1967 ihre Tätigkeit als Hörfunkjournalistin beim Sender Leipzig in der Springerstraße. Ihre fachlichen Schwerpunkte waren Bauen und Umwelt, seit 1984 moderierte sie dazu auch Live-Sendungen. Ab Dezember 1989 berichtete vom Runden Tisch in Leipzig. Seit Gründung des Mitteldeutschen Rundfunks 1992 arbeitete sie als Redakteurin bei MDR Kultur.

Wie kam es eigentlich dazu, dass Sie Journalistin im Hörfunk wurden?

Ich habe an der Karl-Marx-Universität in Leipzig Kultur- und Theaterwissenschaften studiert. Journalistik wäre mir nie in den Sinn gekommen. Aber dann kam eines Tages eine Kommission an die Uni, die suchte Nachwuchs für den DDR-Rundfunk und fragte unseren Institutsdirektor: „Haben Sie nicht jemanden mit guter Sprache, guter Stimme und nicht gerade auf den Kopf gefallen?“. Und er hat mich vorgeschlagen. Auf diese Weise bin ich zu diesem Beruf gekommen. Während der letzten zwei Jahre des Studiums machte ich Praktika beim Sender Weimar und bekam dort einen Vorvertrag als Kulturjournalistin. Aber meine Liebe lebte in Leipzig, deswegen wollte ich nicht nach Weimar. Der Kompromiss war dann eine Stelle in der Nachrichtenredaktion am Sender Leipzig. Das Nachrichtenschreiben war eine gute Schule, weil man lernte, einen Gegenstand kurz und knapp zu schildern. Am Sender habe ich mich sehr wohlgefühlt. Wir waren dort eine relativ kleine Gruppe von Journalisten. Dadurch, dass wir sehr viele Themen zu bearbeiten hatten, war die Tätigkeit sehr abwechslungsreich.

Haben Sie sich Umwelt und Bauen als fachliche Schwerpunkte selber gesucht? Oder waren die einfach noch frei?

Am Sender gab es damals schon fünf Kulturredakteure, eine Journalistin in der Abteilung Musik, und vier beim Wort. Da hab ich mir dann gesagt „Du machst das, wozu keiner Lust hat, was aber die Leute interessiert.“ Das waren Bauen und Umwelt. Umwelt war zu DDR-Zeiten ein sehr heißes Eisen. Das hätte sich sonst niemand getraut, muss ich ehrlich sagen. Ich war im letzten Studienjahr Kandidatin der SED geworden. Da hatte man mich immer wieder liebevoll agitiert. Ich fand es auch gar nicht schlecht, weil wir einen Parteisekretär hatten, der einen sehr begeistern konnte. Dann im Sender Leipzig wurde mir klar: Von einem Mann kann ich mich scheiden lassen, von der Partei nicht. Also sagte ich: „Nein, ich stelle keinen Aufnahmeantrag. Mein Freund will das nicht“, was damals auch stimmte. Daraufhin wurde ich ein ganzes Jahr lang jeden Monat vom Parteisekretär des Senders zu einem einstündigen Gespräch geladen, was meinerseits fast immer mit Tränen endete, doch ich habe mir gesagt „Du hältst durch“. Die hatten sich eingebildet, wegen meiner Kontakte in die Tschechoslowakei, ich konnte ja auch tschechisch, hätten mich die Ideen des Prager Frühlings angesteckt. Der hat mich natürlich interessiert, das musste ich denen aber nicht sagen. Schließlich hat mich die Direktorin, die ich sehr schätze, zu einem langen Gespräch eingeladen. Dabei sagte sie mir, sie habe von der Partei-Kontrollkommission im Bezirk den Auftrag, mir fristlos kündigen. Doch sie wolle für mich bürgen. Also wurde mir nicht gekündigt.

Konnten Sie durch Ihre Arbeit beim Thema Umweltverschmutzung Dinge aufdecken?

Ab 1984 ja. Damals lernte ich eine Stadtverordnete kennen, Frau Doktor Kasek. Sie hatte die erste Umweltgruppe in Leipzig gegründet. Meine Chefin hatte mich zu ihr aufgrund einer kleinen Zeitungsnotiz geschickt. Sie konnte gut argumentieren und hatte Zugang zu Daten – sie war Pharmazeutin – also zum Beispiel, wie viel Schwefel regnet auf Leipzig runter? Wie viel Staub? Das stand ja nirgends. Darüber wurde offiziell nicht berichtet. Oder die Verschmutzung der Flüsse. Und wir haben dazu regelmäßig Live-Sendungen gemacht. Die hießen zuerst „Ratgeber Umwelt“. Weil es aber beim Norddeutschen Rundfunk, also im Westen, Ratgeber-Sendungen gab, durfte sie nicht so heißen und wurde dann umbenannt in „Umwelt-Sprechstunde“. Meiner Direktorin musste ich vor der Sendung nur die Schwerpunktthemen und die grobe Fragerichtung vorlegen. Um mich gegen mögliche Angriffe verteidigen zu können, habe ich die Sendung mitschneiden lassen. Es gab zweimal Anrufe von der SED-Stadtleitung.

Man bekommt den Eindruck, dass Sie in ihrer Arbeit als Journalistin ziemlich eingeschränkt wurden.

Gemessen an heutigen Verhältnissen ja. Gemessen an den damaligen Verhältnissen hatte ich viel Freiraum. Und ich glaube, dass ich die Grenzen soweit ausgereizt habe, wie es ging. Wir waren ein UKW-Sender, der nur 100 Kilometer im Umkreis zu hören war, in der Hauptstadt Berlin schon nicht mehr. Und man konnte unser Wort – im Radio ist das ja ein flüchtiges Wort – nicht schwarz auf weiß nach Hause tragen. Also: Wir hatten einen gewissen Freiraum. Und unsere Direktorin hat mit uns sehr offen diskutiert. Das war anders als in den anderen Sendern von Radio DDR. Das Klima sehr liberal. Wir hatten mehr Freiräume zum Beispiel als die Leipziger Volkszeitung, die ja von der SED herausgegeben wurde, oder als Radio DDR I in Berlin. Aber natürlich ist es überhaupt nicht vergleichbar mit einer freien Presse.

Haben Sie an den Montagsdemonstrationen während der Friedlichen Revolution im Herbst 1989 teilgenommen?

Ja, das begann ja zur Herbstmesse Anfang September. Ich war im Pressezentrum der Messe und habe unterwegs vor allem junge Menschen gesehen, die vor den Kameras des Westfernsehens riefen „Wir wollen raus“. Das wollte ich nicht. Eine Woche später war dann Internationales Bachfest, dessen Pressebüro ich leitete. Am 18. September war ein Empfang im Neuen Rathaus. Ich ging fröhlich beschwingt mit meinem Reportergerät die Treppe hoch. Neben mir ein Mann, weißhaarig, mit Latzhose. Das war Pfarrer Führer, mit dem habe ich mich dann noch vor der Nikolaikirche lange unterhalten. Und von da an bin ich zu jeder Demonstration gegangen. Am Anfang erst einmal beobachtend, am 2. Oktober dann schon mitlaufend. Am 2. Oktober sagte unsere Chefin: „Ihr müsst da hingehen, wir können zwar keinen O-Ton von der Demo senden, aber eine Nachricht müssen wir machen. Die Leute reden von nichts anderem, und im Sender Leipzig hören sie nichts darüber. Das geht nicht.“

Von der Demo am 2. Oktober wusste ich, dass in allen Kirchen aufgerufen wurde: Jeder, der am 9. Oktober kommt, bringt noch einen mit. Da habe ich mir gesagt: Jetzt kommen die Kinder mit. Wir sind getrennt gegangen, die Töchter und ich. Die eine war 16, die andere wurde 18. Ich habe sie bloß gebeten: „Geht bitte nicht in der ersten Reihe. Und geht nicht am Rand“. Wir ahnten, was passieren könnte. Es gab ja in der Stadt das Gerücht, in den Krankenhäusern wären zusätzliche Blutkonserven bereitgestellt worden. In unserer Redaktion wurde ein Feldbett aufgestellt. Ich bin am 9. Oktober mit zitternden Knien zur Demo gegangen. Aber ich bin gegangen. Wir haben uns dann als Familie an der Thomaskirche wiedergefunden. Das hatten wir so verabredet.

Haben Sie geglaubt oder gehofft, dass diese Demonstrationen wirklich was ändern?

Ja! Davon war ich überzeugt. Eigentlich schon am 2. Oktober. Da waren die Studenten da und die haben die „Internationale“ gesungen. „Völker, hört die Signale! Auf zum letzten Gefecht! Die Internationale erkämpft das Menschenrecht.“ Das passte genau. Und man konnte das ganz laut singen. Jeder verstand, wie es gemeint war. Das war wirklich toll. Und von da an war ich fest überzeugt, dass das nicht nachlässt. Und am 9. Oktober – ja, völlig klar.

Nachdem am 9. Oktober nicht geschossen wurde und zum ersten Mal der Ring voll war mit Demonstranten, was hatten Sie damals für Vorstellungen, wie es weitergehen könnte?

Eigentlich war unser Ziel eine deutlich reformierte DDR. Wir haben nicht nach westdeutschem Muster gedacht. Wir, das waren drei, vier, fünf Kollegen im Sender, mit denen wir uns über Perspektiven unterhalten haben. Die wichtigsten Anliegen der Demonstranten waren Reisefreiheit und Meinungsfreiheit.

Sie haben später vom Runden Tisch berichtet. Was war das für ein Gefühl?

Das waren Tage der wunderbaren Anarchie. Auf fast allen staatlichen Ebenen bis hin zur Regierung bildeten sich Anfang Dezember Runde Tische. Die alte Macht hatte ihre Legitimation verloren, eine neue war noch nicht da, aber Entscheidungen mussten ja getroffen werden. Am Tage wurde gearbeitet, und einmal wöchentlich ab 17.00 Uhr regiert. Das ging oft bis 24 Uhr. Dann ins Funkhaus, Sendung produzieren. Und danach ins Bett. Ich war die Einzige unter den Leipziger Journalisten, die bis Anfang Juni 1990 regelmäßig davon im Sender Leipzig berichtete, zwei Minuten, zweieinhalb, das ging so. Ich habe zu dieser Zeit versucht, ganz intensiv mitzuteilen, was ich sah und hörte. Ich erinnere mich, dass ich an einem Tag 36 Stunden hintereinander gearbeitet habe, früh angefangen und erst am nächsten Mittag aufgehört. Ich habe damals von einem Tag zum anderen gelebt, im Taumel des Glücksgefühls, alles sagen zu dürfen. Es war so wie ein Rausch. Nie vorher wurden in der DDR so viele Fernsehsendungen geschaut, nie so viele Zeitungen gekauft, nie so viel Radio gehört, wie in dieser Zeit.

 

In eigener Sache – Planung 2021

Von Tino Bucksch

Langsam neigt sich das durch Corona gezeichnete Jahr dem Ende zu. Selbst wenn die letzten Wochen des alten Jahres wohl coronabedingt etwas ruhiger werden, bleibt keine Zeit zum Verschnaufen. Da wir alle optimistisch und voller Hoffnung ins Jahr 2021 blicken, wird auch der Bürgerverein Gohlis eine Jahresplanung erstellen, in der viele unserer klassischen Veranstaltungen und Termine einen festen Platz haben werden.
Startschuss wird wie die letzten Jahre der Monat März bilden. Während der Internationalen Wochen gegen Rassismus planen wir am 17.03.2021 eine Veranstaltung im Budde-Haus. Den Monat abschließen wird am 31.03.2021 das interreligiöse Abendessen, welches hoffentlich wie die vergangenen Jahre 80 bis 100 interessierte Gäste ebenfalls in Budde-Haus locken wird.

In den Mai werden wir am 02.05.2021 mit dem Nachholen des Rundgangs im alten Kasernenareal zum Jane´s Walk starten. Die geplante Veranstaltung musste aus bekannten Gründen 2020 ausfallen und wird aufgrund des enormen Interesses an unserem ersten Jane´s Walk 2019 im kommenden Jahr definitiv stattfinden. Ende Mai bieten wir noch am 30.05.2021 wieder mindestens eine Lesung im Rahmen von Leipzig liest zur Buchmesse an. Die Buchmesse selbst wird 2021 das erste Mal statt im März im Mai stattfinden, was aber kein Hindernis darstellt. Auch hier wollen wir wieder mit spannenden Autorinnen und Autoren aufwarten. Am selben Tag wird von Gewerbetreibenden rund um den „Platz ohne Namen“ an der Heinrich-Budde-Straße ein Kinderfest anlässlich des Kindertages stattfinden. Hierbei wird der Bürgerverein als Kooperationspartner mit vor Ort sein.

Im Sommer laden wir auch 2021 zu unserem traditionellen Sommer- und Familienfest ein. Dieses soll nun wie bereits 2020 geplant auf dem Gelände des Budde-Hauses stattfinden. Hier freuen wir uns, durch das Fest mit vielen neuen Ideen und unterstützt durch die Synergieeffekte des Budde-Hauses die Gohliserinnen und Gohliser am 17.07.2021 in die Lützowstraße 19 locken zu können. Im selben Monat noch wird endlich das fünfjährige Jubiläum des interreligiösen Fußballturniers nachgeholt. Der genaue Termin wird rechtzeitig bekannt gegeben.

Den Herbst leiten mit unserer Teilnahme an der Nacht der Kunst am 04.09.2021 ein sowie einer Veranstaltung im Rahmen der Interkulturellen Wochen am 29.09.2021.

All diese Terminen können schon einmal fest im Kalender für das kommende Jahr vermerkt werden. Sie sind auch auf unserer homepage unter www.gohlis.info im Termin- und Veranstaltungskalender zu finden.

Neben diesen fest eingeplanten Veranstaltungen wollen wir mit Projekten wie den Baumscheibenbegrünungen, einem Stadtteilgarten für Gohlis sowie dem Projekt „Bänke für Gohlis“ sichtbar im Stadtteilbild Akzente setzen. Darüber hinaus ist ein zweiter Gohliser Spendenlauf mit einer weiteren Schule aus dem Stadtteil sowie mit der Gohliser Öffentlichkeit geplant ebenso wie die Wiederauflage der von den Gohliserinnen und Gohlisern sehr gut angenommenen Reihe „Advent in den Gärten und Höfen von Gohlis“.

Alles in Allem eine Menge Gründe, sich auf das kommende Jahr zu freuen.

Umgestaltung des „Platz des 20. Juli 1944“ (Jägerplatz) Ende November abgeschlossen

Von Stephan Grandke

Bereits im Mai letzten Jahres erfolgte durch das Magistralenmanagement gemeinsam mit dem Amt für Stadtgrün und Gewässer eine Beteiligung der Bewohner am Planungsprozess zur nutzerspezifischen Umgestaltung im Rahmen unseres Bürgerpicknicks. Die Präsentation, Diskussion und Ideensammlung wurde so gestaltet, dass Kinder und Jugendliche sich gleichrangig einbringen konnten, um ein generationsübergreifendes, repräsentatives Meinungsbild zu erhalten.

Wichtigstes Ergebnis dieser Beteiligung war der Erhalt des gut genutzten und mit ausreichend Sicherheitsabstand zur Jägerstraße gelegenen großen Sandkastens am Standort. Auch die geforderte Verlagerung der Tischtennisplatten weg von der Wohnbebauung in den zentralen Bereich wird realisiert, ebenso wie das Freihalten der bespielbaren zentralen Platzfläche für Bewegungsspiele und die Integration eines Trampolins.

Im August dieses Jahres haben die Arbeiten an dem gründerzeitlichen Quartiersplatz begonnen. Die im vergangenen Winter in der Mitte des Platzes gefällten, pilzbefallenen Silberahornbäume werden durch vitale Jungbäume ersetzt. Um die Versorgung mit wohnungsnahem Grün im Stadtteil zu verbessern, werten zudem 13 neue Rotdornbäume und Strauchflächen den nördlichen und südlichen Bereich des Platzes auf. In den bestehenden Lindenreihen werden zusätzlich zwölf Wildapfelbäume gepflanzt. Der stärker begrünte Platz nimmt künftig potenziell mehr Regenwasser auf, das über Bäume, Sträucher und Stauden wieder verdunsten kann. Das soll nicht nur das Standortklima verbessern, sondern auch Erosionserscheinungen vorbeugen, die durch das Platzgefälle mit 1,5 m Höhendifferenz bisher aufgetreten sind.

Die Südseite des Platzes erhält einen gepflasterten Gehweg, der über Bordabsenkungen einen barrierefreien Zugang über die Platzfläche bietet. Im Nordteil des 1904 angelegten Schmuckplatzes können sich Kinder auf einer Kletterstrecke, einem Trampolin sowie auf einem Stehkarussell austoben. Die zum Rollern und Ballspielen sehr beliebte zentrale Plattenfläche bleibt erhalten und wird rutschfester gemacht. Neue Sitzmöglichkeiten sowohl im Schatten als auch an sonnigen Stellen laden zum Verweilen ein. Die Aufwertung des Platzes kostet rund 428.000 Euro und wird zu zwei Drittel durch das Bund-Länder-Programm „Stadtumbau“ gefördert. Die Arbeiten werden im November abgeschlossen sein, so dass der Platz wieder genutzt werden kann. Eindrücke vom Baufortschritt vermitteln nachfolgende Bilder.

Jürgen Schrödl leitet das Budde-Haus und freut sich über dessen Entwicklung

Das Budde-Haus im Abstandsmodus

Von Peter Niemann

Für alle Kultureinrichtungen in Deutschland war das Jahr 2020 ein außergewöhnliches Jahr. Ein Jahr zwischen Auf und Ab, und Ab und Auf. Ein Jahr mit zeitweisen Schließungen, mit Hygienekonzepten und gegensätzlichem Publikumsverhalten. Auch das Budde-Haus wurde davon nicht verschont. Wir haben nachgefragt beim Leiter Jürgen Schrödl.

P. Niemann: Wie geht Kulturarbeit in Corona-Zeiten?

J. Schrödl: Es ist quasi wie „Kultur auf Abstand“. Und das ist anstrengend, in vielerlei Hinsicht. Es erfordert für uns als Veranstalter mehr Kommunikation, mehr Organisation, mehr Umdenken. Vor allem die Einsicht, dass gewohnte Planungen und Veranstaltungsabläufe nun anders sein müssen. Dafür haben wir aber auch viel Verständnis von unseren Besuchern und Partnern erfahren. Und Dankbarkeit, dass wir die Dinge, die möglich waren, auch ermöglicht haben.

P. Niemann: Was haben Sie denn ermöglicht?

J. Schrödl: Das Budde-Haus hat ein wunderschönes Außengelände mit einem wunderschönen Garten. Dadurch konnten in den Sommermonaten einige Angebote, die sonst drinnen stattfinden nach draußen verlegt werden. Wir hatten zusätzliche Raumanfragen, die ebenfalls im Garten stattfinden konnten. Und wir haben zusätzliche Veranstaltungen in unser Programm aufgenommen. Zum Beispiel unsere Sommertheaterwoche. Dadurch sind auch neue Formate entstanden, die wir künftig fortsetzen wollen. Das meine ich mit dem Umdenken. In Krisen ist man stärker gezwungen dazu. Das kann man auch als etwas Positives verbuchen.

P. Niemann: Das Budde-Haus musste von Mitte März bis Ende Mai schließen. Nun fällt auch der November aus*. Was bedeutet das?

J. Schrödl: Das war und ist für alle Beteiligten hart. Für die vielen Anbieter von Kursen, die abgesagt werden müssen. Für die Künstler, die nicht auftreten können. Für die Chöre und Theatergruppen, die nicht proben dürfen. Für andere Veranstalter, die zum Beispiel ihre Seminare oder Treffen bei uns nicht durchführen können. Das sind finanzielle Verluste, aber auch enorme Hemmnisse für unsere und ihre Arbeit. Nicht zu vergessen dabei sind die vielen Nutzer dieser Angebote, die auf gemeinschaftliches Freizeiterleben und soziales Miteinander verzichten müssen. Die Einschränkungen unter Corona-Bedingungen haben den Wert kultureller Angebote für die Gesellschaft noch einmal bewusster gemacht.

P. Niemann: Wie haben denn die Besucher auf die coronabedingten Einschränkungen reagiert?

J. Schrödl: Insgesamt mit viel Verständnis, und auch Mitverantwortung. Abstand halten, auf Abstand sitzen, Kontakte zur Nachverfolgung angeben. Leider konnten wir durch die begrenzten Platzkapazitäten nicht immer alle Kartenwünsche erfüllen. Viele haben ihren Eintritt dafür mit einem Soli-Beitrag großzügig aufgerundet.

P. Niemann: Wie wird es weitergehen?

J. Schrödl: Corona wird uns noch eine Weile begleiten. Wir haben gelernt und sind darauf eingestellt, auch wenn es mental nicht einfach ist, und es schwer wird die Finanzierung zu sichern. Wir müssen 2021 auf jeden Fall Abstriche machen. Aber was wir ermöglichen können, werden wir ermöglichen. Immer mit dem Blick auf das was wir in Bezug auf den Infektionsschutz verantworten können und was der jeweiligen Situation angemessen ist. Wir hören jedenfalls nicht auf, weiter zu denken.

Advent in den Höfen und Gärten von Gohlis – 2020 Edition

Hehre Ziele. In diesem Jahr wollten wir eigentlich noch eine Schippe drauflegen. Nach einem erfolgreichen Start im Jahr 2019, wollten wir in diesem Jahr noch mehr Advent in noch mehr Höfe und Gärten von Gohlis bringen. Damals gelang es uns immerhin, 11 vorweihnachtliche Zusammenkünfte in unserem lieben Stadtteil zu realisieren. Dabei war uns natürlich daran gelegen, das bestehende Angebot an Weihnachtsmärkten und Adventsveranstaltungen einzubinden und durch weitere zu ergänzen. Und jede davon war wahrlich einzigartig. Es wurde gesungen, gelesen, gelauscht und gelacht. Manchmal haben wir sogar etwas gebastelt, oft wurde Tee getrunken und viele Kekse vertilgt. Immer kamen wir mit ganz unterschiedlichen Menschen aus dem Stadtteil zusammen und haben uns wirklich gut unterhalten.

Bedingt durch diese unsägliche Pandemie gewinnt in diesem Jahr natürlich die Vernunft. Bereits Anfang November haben wir uns im Bürgerverein und mit allen Beteiligten darauf verständigt, dass Advent in den Höfen und Gärten von Gohlis 2020 leider abgesagt werden muss. Da wir gnadenlose Optimisten sind, planen wir jedoch vorsichtig damit – sofern zulässig und bei einer Inzidenz von weniger als 35 – im Dezember spontane Zusammenkünfte auf Plätzen in Gohlis zu veranstalten. Ein regelmäßiger Blick auf unsere Website lohnt sich also. Zur Einstimmung auf die anstehende Adventszeit finden Sie auf dieser Seite ein paar Impressionen aus dem vergangenen Jahr. Wir sehen uns dann aller-, allerspätestens bei einer unserer vielen Adventsveranstaltungen im Dezember 2021. Wir freuen uns!

[Ausverkauft] „Gohlis 2021 – Mobilität einst und jetzt“ – Der neue Kalender ist da!

+++ Ausverkauft +++

Zwölf Monate Gohliser Verkehrsgeschichte in Bild und Text bietet der neue Kalender des Bürgervereins für das kommende Jahr. Der Kalender wird mit einigen Details seine Käufer überraschen – so dürfte nicht jedem bekannt sein, dass 1884 in Gohlis eine der ersten Radrennbahnen Mitteldeutschlands eingeweiht wurde. Oder in den Bleichert-Werken nicht nur Seilbahnen, sondern auch Elektrofahrzeuge produziert wurden, darunter ab 1923 die weltweit patentierte „Eidechse“.

An die Doppelstockbusse, die von Ende der 50er bis Anfang der 70er durch die Max-Liebermann-Straße fuhren, werden sich die Älteren unter den Käufern erinnern, ebenso an das legendäre Fahrzeug „Krause Duo“ für Menschen mit Behinderungen aus der Elsbethstraße oder die Motorrad-Seitenwagen der Firma Stoye in der Lindenthaler Straße.

Die historischen Bilder im Kalender – Ansichtskarten, Archivfotos und Schnappschüsse – stammen aus dem Stadtgeschichtlichen Museum Leipzig sowie von Vereinen, renommierten Fotografen und privaten Sammlern.

Der Wandkalender im DIN-A 4-Querformat kostet 9 €. Erworben werden kann dieser – solange der Vorrat reicht – telefonisch oder per Mail (Kontaktdaten siehe oben) sowie in ausgewählten Buchhandlungen wie dem „Bücherwurm“, Gohliser Straße 20 oder der Verlagsbuchhandlung Bachmann, Markt 1.

Bürgerverein mit neuem Rekord beim Stadtradeln 2020 dabei

Das Stadtradel-Team des Bürgerverein hat einen neuen Rekord aufgestellt: Zum Abschluss des diesjährigen Stadtradeln hatten 46 aktiven Personen (nie waren wir mehr!) insgesamt 13.129 Kilometer auf dem Fahrrad zurückgelegt.

Als der verein 2016 zum ersten Mal ein Gohliser Team gebildet haben, waren es noch 6.756 Kilometer, seither ist diese Strecke (außer 2018) jährlich angewachsen.

Auch die Details im Radlerbereich zeugen davon, was die Einzelnen im Team beeindruckend geleistet haben: Zwei im Team haben jeweils allein mehr als 1.000 km auf dem Rad zurückgelegt, in 14 Fällen waren es mehr als 400 km in drei Wochen (darunter 11 einzeln Fahrende, 3 die Kilometer für zwei Personen eintrugen).
Aber auch wer nur einen kleinen Beitrag geleistet hat – für die Teamleistung waren alle wichtig, denn das Feld der diesmal 575 aktiven Teams liegt eng beieinander. Auch Leipzig selbst hat in diesem Jahr einen neuen Rekord mit über 2,5 Mio. erfassten geradelten Kilometern aufgestellt.

Trotz dieser gewachsenen Konkurrenz hat der Bürgerverein in diesem Jahr den Platz 41 erreicht und kam somit wieder in der Verlosung unter den 50 besten Teams.

In eigener Sache: Bürgerverein Gohlis bereitet sich auf die Zeit nach Corona vor – Alter Vorstand im Amt bestätigt

Von Tino Bucksch

Am Freitag, den 11. September trafen sich die Mitglieder des Bürgervereins zur ersten großen Zusammenkunft seit dem Verbot von Veranstaltungen und Vereinstreffen im Zuge der Corona-Pandemie. Neben der Verabschiedung des Wirtschaftsplanes 2021 und der Jahresplanung des kommenden Jahres standen turnusgemäß die Vorstandswahlen an.

Nachdem die Beisitzer Günter Krap und Wolfgang Leyn entschieden hatten, nicht erneut anzutreten, wurde der restliche Vorstand im Amt bestätigt. Dieser besteht also weiterhin aus dem alten und neuen Vorsitzenden Tino Bucksch. Ihm zur Seite stehen der Historiker Peter Niemann als Stellvertreter sowie der Verwaltungswirt Hannes Meißner als Schatzmeister. Komplettiert wird der Vorstand durch die pensionierte Lehrerin Ursula Hein und den Volkswirt Michael Wagner. Dank galt dabei den wieder gewählten, aber auch den ausgeschiedenen Vorstandsmitgliedern für deren Arbeit der letzten zwei Jahre.

Rückblickend kann der Verein auf die Zeit von September 2018 bis September 2020 eine positive Bilanz ziehen. Gerade die feste Verankerung im Stadtteil darf als Markenkern des Bürgervereins gesehen werden. Es ist in der zurückliegenden Vorstandsperiode noch stärker als zuvor gelungen, Anliegen der Gohliserinnen und Gohliser aufzunehmen und entsprechend in Handeln des Vereins umzumünzen. Gerade als Vermittler zwischen Stadtteilangelegenheiten und Stadtpolitik im Rathaus konnte sich der Verein stärker als zuvor etablieren. Dabei sei exemplarisch das Engagement zur Lösung der eingeschränkten Müllentsorgung in der Bretschneider-Siedlung, die Benennung unbenannter Plätze und Orte in Gohlis oder die gemeinsame Putzaktion mit CleanUp Leipzig auf der Sportfreifläche in der Sasstraße genannt. Als wichtiger Akteur in Gohlis angesehen zu werden, schlug sich auch darin nieder, dass der Bürgerverein mit dem Vorsitzenden Tino Bucksch einen Vertreter in die Auswahljury für die Suche nach einem neuen Betreiber des Gohliser Schlösschens entsenden durfte. Dabei gibt es noch weitere kommunalpolitische Themen, die der Verein auch in den kommenden zwei Jahren angehen will. So ist unter anderem eine Koordinierung in Form eines Runden Tisches Kultur in Gohlis geplant, die weitere Sanierung und bauliche Ertüchtigung des Budde-Hauses soll gegenüber der Stadtverwaltung eingefordert werden aber auch die kritisch, konstruktive Begleitung der Wachstumsprozesse in Gohlis stehen auf der Agenda.

Darüber hinaus werden in Hoffnung einer Entspannung der coronabedingten Auflagen bestehende Veranstaltungen wie das Sommerfest, die Reihe Advent in den Höfen und Gärten von Gohlis, das interkulturelle Fußballturnier, die Kooperation mit CleanUp Leipzig sowie die Teilnahme an der Nacht der Kunst oder Leipzig liest zum festen Bestandteil des Veranstaltungskalenders der nächsten zwei Jahre gehören. Auch die ehrenamtlich Engagierten der Arbeitsgemeinschaften Mobilität & Verkehr und Stadtteilgeschichte sowie der Initiative Weltoffenes Gohlis können nun ihre geplanten Projekte wie gewohnt fortführen.

Mit der Stadtteilzeitschrift Gohlis Forum und dem Gohlis Kalender besteht weiterhin ein tolles Angebot, mit dem die Gohliserinnen und Gohliser sich ein Stück des Bürgervereins nach Hause holen können. Ein Stadtteilgarten, die Begrünung von Baumscheiben, mehr Bänke im Stadtteil und die Benennung namenloser Plätze sollen zeigen, dass ehrenamtliches Engagement schnell zu sichtbaren Änderungen oder sogar Verbesserungen führen kann.
Dazu kann der Verein immer zusätzliche ehrenamtliche Unterstützerinnen und Unterstützer in Form von Mitgliedern gebrauchen! Eine Mitgliedschaft kann unkompliziert auch mit der im Heft enthaltenden Erklärung eingegangen werden.

Neues aus der Bibliothek Gohlis „Erich Loest“

Liebe Leserinnen und Leser des Gohlis Forum,

der Sommerurlaub ist bereits Vergangenheit, die Schulferien sind vorüber und auch für die Leipziger Schülerinnen und Schüler heißt es, sich wieder im Schulalltag zurechtzufinden. Und die durch die COVID-19-Pandemie veränderten Rahmenbedingungen sorgen sicherlich für einen Schulstart, der hier und da mit einigen ungewohnten Hürden verbunden sein wird.

Auf unserer Website (www.stadtbibliothek.leipzig.de) finden Sie ein Online-Angebot, dass Spaß und Übungserfolg miteinander verbindet und lernen von zu Hause aus vereinfacht. Die „scoyo – Lernplattform für Schüler“ ist Deutschlands meist genutztes Online-Lernangebot für Kinder und bietet Schülerinnen und Schülern der 1. bis 7. Klasse die Möglichkeit, ihre schulischen Leistungen zu verbessern. Für alle wichtigen Fächer vermittelt „scoyo“ spielerisch an den Lehrplan angepasste Lerninhalte. Über 4.000 Lernspiele und mehr als 10.000 Übungen und Tests laden zu spannenden Lernabenteuern ein. Und das Beste ist: mit einem gültigen Bibliotheksausweis ist die Nutzung kostenlos.

Grundschüler reisen mit den Zwillingen Lisa und Luis in eine interaktive Planetenwelt. Ihre Mission ist es, Mathe, Deutsch und Englisch ins All zu bringen und die außerirdischen Awaner von dem Verwirrschleim zu befreien. Der Spaß beim Durchlaufen der Abenteuer soll die Schüler zum eigenständigen Lernen motivieren und sich positiv auf den Lernerfolg auswirken. So macht das Lernen Spaß!
Für alle ab der 5. Klasse geht es als Teil von coolen Teams um Lernabenteuer in den Hauptfächern Mathe, Deutsch und Englisch. Zudem tauchen sie in Abenteuer aus Physik, Biologie, Chemie und Kunst ein. Anschauliche Beispiele aus dem Alltag machen dabei selbst Kompliziertes leicht verständlich.
Wir freuen uns auf Ihren Besuch in der Bibliothek Gohlis und klicken Sie doch bei Gelegenheit mit Ihren Kindern oder Enkelkindern mal bei „scoyo“ rein! Es lohnt sich!
Die Anmeldung für LeipzigPass-Inhaber ist ermäßigt.
Kinder und Jugendliche bis zum vollendeten 19. Lebensjahr können die Bibliothek kostenlos nutzen.

Bibliothek Gohlis „Erich Loest“
Stadtteilzentrum Gohlis
Georg-Schumann-Str. 105
04155 Leipzig

Tel.: 0341 / 123 5255
E-Mail: bibliothek.gohlis@leipzig.de

Öffnungszeiten: Mo, Di, Do, Fr 10 – 19 Uhr ; Mi 15 – 19 Uhr

Kalender für 2021 Mobil in Gohlis – mit dem Auto

Von Wolfgang Leyn

Den Flughafen beim 1896 eingeweihten Scherbelberg am Rande von Gohlis gab es nur in der Phantasie. Auch ohne Flughafen ist Gohlis verkehrsgeschichtlich interessant. Alte Postkarten, Archivbilder und private Schnappschüsse zeigen im Kalender des Bürgervereins für 2021, wie Gohliser früher unterwegs waren, zu Fuß, mit dem Pferdefuhrwerk, mit Fahrrad, Auto und Motorrad, mit Straßenbahn, Bus oder Eisenbahn.
Auf der Rückseite der Kalenderblätter erfahren Sie in Text und Bild Interessantes darüber. Ab Oktober gibt‘s den Wandkalender im DIN A 4-Querformat für 9 € im Budde-Haus. Sie können vorbestellen unter buergerverein@gohlis.info.
Im Folgenden ein Auszug aus dem Text zum Monatsbild September „Mobil in Gohlis – Auto“:

Intakte Privat-Pkws waren nach Ende des 2. Weltkrieges auch in Gohlis eine Seltenheit. Doch der heute exotisch anmutende Anblick eines Autos mit Kessel im Heck war damals nichts Ungewohntes. Seit 1942 gab es in Deutschland Kraftstoff nur noch fürs Militär; also wurden Lkws und Pkws auf Holzgasbetrieb umgerüstet. […]

Leipzig ist heute wieder ein wichtiger Standort der Autoindustrie. 2002 nahm das hiesige Porsche-Werk die Produktion auf, 2005 folgte BMW. Schon vor rund 100 Jahren wurden in der Stadt Autos gebaut – bei Polyphon in Wahren ab 1904. […] August Horch hatte 1904 seine Motorwagenfabrik ursprünglich in Leipzig gegründet. Weil Zwickau aber günstigere Bedingungen bot, zog die Firma dorthin um.

Und Gohlis? Leipzigs erstes halbwegs fahrfähiges Automobil hatte 1880 Julius Wilhelm von Pittler entwickelt, der 1886 bis 1904 in Gohlis lebte. Doch wegen der Lärmbelästigung verbot die Polizei das mit einem Schießpulver-Motor ausgestattete Fahrzeug. Ab Mitte der 20er-Jahre wurden dann in den Gohliser Bleichert-Werken Elektroautos gebaut. Ende der 1950er-Jahre entwickelte Joachim Kunsch in Gohlis das Krausemobil, ein Kleinstauto für Menschen Mit Einschränkungen.

Die frühen Automobile waren reparaturanfällige Prestigeobjekte für Wohlhabende. Auch Kraftstoff war teuer. Manche Privathäuser, die nach 1910 in Gohlis-Süd gebaut wurden, verfügen im Souterrain über eine Garage, so im Poetenweg, in der Fechnerstraße oder der Stollestraße. […]

Rund zwei Drittel aller Gohliser Haushalte verfügten 2019 über einen Pkw. Die meisten stehen heutzutage am Straßenrand, täglich im Schnitt 23 Stunden lang. Car-Sharing wäre eine Alternative. Elektroautos haben eine bessere CO2-Bilanz als jene mit Verbrennungsmotor, den knappen Verkehrsraum verstopfen sie auch. In vielen Fällen wäre der Umstieg aufs Fahrrad oder den öffentlichen Nahverkehr problemlos möglich.

Gohliser Baugeschehen – Vom Abriss bis zum Platzumbau

Von Matthias Reichmuth

Gohlis ist kein reines Wohngebiet. Es gibt auch Geschäfte, Gewerbe, Büros und damit etliche Arbeitsplätze. Allerdings war die Durchmischung früher größer als heute. Die Gewerbe- und Handwerksbetriebe zwischen den Wohnhäusern werden weniger. In der Lüderstraße 10 gab es vor zwei Jahren noch einen Sanitär-Fachgroßhandel, der inzwischen geschlossen wurde. Das Grundstück wurde verkauft – nach heutigem Baurecht wäre ein vergleichbares Unternehmen in dieser schmalen Anwohnerstraße aber nicht wieder genehmigungsfähig. Also wird das Grundstück zukünftig mit hoher Wahrscheinlichkeit für Wohnzwecke genutzt. Der erste Schritt dafür war nun der Abriss der bisherigen Gebäude, seit August 2020 gibt es daher in der Lüderstraße eine große Baulücke.

Eine andere Baustelle ist vielleicht für manche Betrachter rätselhaft geblieben: Seit Monaten stehen an der Natonekstraße neben dem Kaufland Baufahrzeuge und -geräte, ohne dass bauliche Veränderungen sichtbar sind: Diese finden im Innern statt: Um für eine zukünftige gastronomische Nutzung noch ungenutzer Flächen im Einkaufszentrum die notwendigen Besucherparkplätze zu schaffen, werden in den darunterliegenden Gewölben der ehemaligen Brauerei Kellerflächen zu Parkplätzen umgebaut. Das dauert bei Bewahrung historischer Bausubstanz natürlich länger als bei einem Neubau auf freiem Feld.

Mitte August sind auch nach reichlich sieben Jahren die Gerüste an der Menckestraße 54 gefallen, die Fassade wurde endlich saniert. Kinder im Grundschulalter haben diese Stelle zu Lebzeiten noch nie ohne Gerüst gesehen – das ist uns ein Foto wert!

In Gohlis-Mitte wird auch an etlichen Stellen saniert: So erstrahlt die Fassade der Jägerstraße 2 (Ecke Landsberger Straße) inzwischen in neuem Glanz, auch an beiden Eckgebäuden der Stauffenbergstraße zur Roßlauer Straße stehen Gerüste, und der Platz des 20. Juli wird ebenfalls grundlegend neu gestaltet, das Bild zeigt den Baufortschritt vom 30. August.

In Gohlis-Nord gehen einige Bauprojekte ihrer Vollendung entgegen. An der Bremer Straße 6 bis 8b, gegenüber der Krochsiedlung, werden die neu entstandenen Wohnungen mit allen Komfortmerkmalen derzeit für bis zu 11 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter für einen Einzug ab 01.01.2021 angeboten. Auch die Modulbauten in der Maria-Grollmuß-Straße sehen nach baldigem Einzug aus.

Zum Abschluss lohnt sich noch ein Blick aus Gohlis heraus: Der Viertelsweg wurde in den letzten Jahren als „Fehmarner Straße“ nach Westen verlängert, wo nun eine Mischung aus sanierten Militärbauten (Heeresbäckerei) und Neubauten völlig neue stadträumliche Eindrücke mit sich gebracht hat. Die meisten Gebäude sind inzwischen bezogen und der Spielplatz, der sich in der Mitte über der Fläche einer Tiefgarage erstreckt, wird intensiv genutzt. Die Entwicklung der ehemaligen Kasernenflächen, die mit den Kaisergärten und im Quartier Siebengrün begann, setzt sich derzeit Schritt für Schritt immer weiter nach Westen fort. Dieses Gelände lohnt auch immer wieder einen Spaziergang.

Grundsteinlegung für 5 Millionen Euro Neubau

Die Vereinigte Leipziger Wohnungsgenossenschaft eG (VLW) hat mit einer Grundsteinlegung den offiziellen Startschuss für den Neubau in der Otto-Adam-Straße 11 gegeben. Vorstand Wolf-Rüdiger Kliebes versenkte im Rahmen einer Feierstunde auf der Baustelle eine Zeitkapsel mit aktuellen Dokumenten. Neben einer Tageszeitung fanden das Mitgliedermagazin der VLW sowie die aktuelle Corona-Allgemeinverfügung Sachsens, eine Kopie des Bauvertrags und 2 Euro-Münzen den Weg in die Kapsel. Während der Arbeiten am Fundament konnte auch die alte Zeitkapsel geborgen werden. In ihr lagen eine Leipziger Volkszeitung vom 3. Mai 1974 sowie eine Abendzeitung mit gleichem Datum.

Der entstehende Neubau ist für die Wohnungsgenossenschaft ein ganz Besonderer. Er ist der erste Neubau seit der Wiedervereinigung, den die VLW in den Bestand aufnimmt. Darüber hinaus ist es der erste Neubau als Bauherr seit 1974, als an eben jener Stelle die beiden Häuser 11/13 errichtet wurden. Diese Funktionsbauten wurden im Zuge der Sanierung der Otto-Adam-Straße 1-9 abgerissen und der Neubau an ihrer Stelle geplant.
Insgesamt kostet der Neubau gut 5 Millionen Euro.

Wolf-Rüdiger Kliebes, Vorstandsvorsitzender: „Dieses Haus ist für uns etwas Besonderes. Wir sind mit diesem barrierearmen Bau erstmals in der Lage, unseren Mitgliedern mit Mobilitätseinschränkungen geeignete Wohnungen anzubieten. So können sie möglichst lange und selbstbestimmt in den eigenen vier Wänden leben. Trotz dass es ein Neubau ist, orientiert er sich bei der Fassadengestaltung an den historischen Vorbildern der denkmalgeschützten Nachbarhäuser, so dass ein harmonisches Bild entsteht.“

In dem viergeschossigen Gebäude entstehen 27 Zweiraumwohnungen, die zwischen 37 und 55 Quadratmetern groß sind. Ins Erdgeschoss kommt ein großer, teilbarer Gemeinschaftsraum. Darüber hinaus entsteht eine großzügige Gewerbeeinheit. Das Haus erhält einen Aufzug, der sowohl von außerhalb als auch von innerhalb begehbar ist. Hofseitig werden Laubengänge entstehen, die zu den Wohnungen führen. Im Innenhof werden sieben Stellplätze angelegt, vier davon mit Ladesäulen für Elektroautos.

Der Rohbau soll bis zur Jahreswende 2020/2021 stehen. Im kommenden Jahr erfolgt der Innenausbau, so dass Ende 2021 das Haus bezugsfertig sein soll. Auch bei diesem Vorhaben arbeitet die Wohnungsgenossenschaft mit dem Büro W&V Architekten GmbH als Generalplaner zusammen.
Mit dem Neubau schließt die VLW gleichzeitig die komplexe Sanierung der Wohnanlage „Gohliser Idyll“ ab. Während ein Großteil der Häuser in der Virchow-, Gottschall- und Rudi-Opitz-Straße bereits um die Jahrtausendwende saniert wurden, waren die Häuser der Otto-Adam-Straße 1-13 lange Zeit stillgelegt. Nach dem Abriss der alten Otto-Adam-Straße 11/13 begann 2018 die Sanierung der Häuser 1-9 sowie die Planung des Neubaus. Im Spätsommer 2019 zogen die letzten Mitglieder in ihre neuen Wohnungen. Zu den Baumaßnahmen gehört auch die Neugestaltung des Innenhofes. So entstanden neue Grünflächen, ein großer Spielplatz und Sitzmöglichkeiten. Im Zusammenhang mit dem Neubau folgen Funktionsgebäude, insbesondere für Container und Fahrräder.

Gestanzte Musik: Veranstaltungen rund um die in Gohlis erfundene Lochplatte

Von Birgit Heise

Das Jahr der Industriekultur nimmt nun doch noch Fahrt auf und setzt Schlaglichter auf ehemalige Zentren der sächsischen Produktion. Gohlis stand von 1880 bis 1930 im Brennpunkt der Musikszene: Hier wurde die erste runde Musik-Platte der Geschichte erfunden und in riesiger Stückzahl gebaut. Lochplatten sind noch keine Schallplatten, sondern sie helfen beim Spielen realer Musikinstrumente. Ohne Notenkenntnisse, nur durch Kurbeln, kann man ein Akkordeon, eine Spieluhr oder ein Klavier hören. Direkt im ehemaligen Symphonion-Werk, heute die Musikschule Neue Musik in der Eisenacher Straße 72, trafen sich Experten aus ganz Europa und tauschten ihre Gedanken aus. Warum gerade Gohlis (?), könnte man sich fragen. Das damals günstige Bauland, die Transportwege, die Messe und das nahe gelegene Leipzig mit Unmengen an Musikern, Händlern und Verlagen: Standortvorteile gab es zuhauf. Doch letztlich lag es auch an dem Zufall, dass der Klavierbauer Paul Ehrlich eben in Gohlis lebte und 1882 seine gelochte runde Platte erfand. Damit gründete er einen ganzen Industriezweig, mit Werken in der Möckernschen, Eisenacher, Georg-Schumann- oder Natonekstraße. Bei schönstem Wetter nahmen viele Interessenten am Rundgang durch Gohlis teil. Eine kleine Platten-Drehorgel Ariston begleitete die Gruppe und wurde jedesmal gedreht, wenn man eine historische Stätte passierte. So kam es zu kuriosen Erlebnissen, wenn ein direkter Nachfahre von Paul Ehrlich vor dessen Produktionsstätte das Gohliser Ariston drehte. Da ging so manches Fenster auf, traf man überall auf erstaunte und lachende Gesichter. Der Spaziergang endete an dem schmiedeeisernen Tor hinter der Sparkasse Gohliser Straße, mit Schriftzug „E.G.Lochmann“. Paul Lochmann und sein Bruder Ernst Georg leiteten die Symphonion-Werke in Gohlis.

Auch im Kulturhof Eisenacher Straße 72 fand sich zahlreiches Publikum ein. Hier stellte Jost Mucheyer aus Elstertrebnitz eine Kollektion Leipziger Musikautomaten klingend vor. Er betreibt in Elstertrebnitz ein neues Museum: es beherbergt die weithin größte Sammlung Leipziger Musikwerke. Jeden Sonntagnachmittag führt er klingend seine schönsten Stücke vor; ein Besuch lohnt unbedingt!

Übrigens wäre die ganze Aktion ohne tatkräftige Mithilfe des Bürgervereins Gohlis nicht möglich gewesen. Und auch nicht ohne das unkomplizierte und freundliche Entgegenkommen von Herrn Plättner, dem Leiter der Musikschule Neue Musik. Wer sein Kind dorthin zum Musikunterricht bringt, sollte einmal im Werkscafé darauf achten, mit wie viel Sorgfalt restauriert und wie manches Element der ehemaligen Produktionsstätte erhalten wurde.

Wir feiern zusammen! Wir halten zusammen! – Initiative Weltoffenes Gohlis organisiert Begegnungsfest

Von Michael Wagner

Menschen, die einander kennen, respektieren sicher eher als Menschen, die anonym nebeneinander leben.
Der Bürgerverein Gohlis unterstützt schon gemäß seiner Satzung ein respektvolles Zusammenleben der Menschen in Gohlis, unabhängig von Herkunft oder religiösem Bekenntnis. Deshalb sind wir mit dabei, wenn am 17. Oktober die Initiative Weltoffenes Gohlis zusammen mit anderen gesellschaftlichen Gruppen und religiösen Gemeinden erneut zu einem Begegnungsfest zwischen den Menschen in der Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete in der Max-Liebermann-Straße 36c und den Menschen in der Umgebung einlädt. Die Veranstaltung findet zwischen 15 Uhr und 18 Uhr vor dem Haupteingang der Unterkunft im öffentlichen Raum statt.

Wir wollen Grenzen und Abschottung in unserer Nachbarschaft überwinden und gemeinsam ein Fest der Solidarität feiern! Wir wollen Begegnungen schaffen, Kontakte knüpfen und zeigen, dass Menschen zusammenhalten.

Neben Kaffee und Kuchen wird es Musik, ein kleines Kinderprogramm und zahlreiche Möglichkeiten geben, um ins Gespräch zu kommen.
Kommen Sie vorbei und machen Sie sich ein Bild. Wir sind überzeugt davon, dass Menschen viel mehr eint als trennt!

17.10.2020, 15:00 bis 18:00 Uhr
Max-Liebermann-Str. 36c

Geschichte in Geschichten (Teil 2) – Schüler fragen Zeitzeugen: Gerd Klenk

Wie im vorigen Gohlis Forum angekündigt, können Sie hier unser erstes Zeitzeugeninterview lesen, aus Platzgründen redaktionell gekürzt. Das gesamte Interview finden Sie später auf unserer Homepage. Alle neun Interviews wurden im Sommer 2020 von Schülern der Schillerschule im Rahmen eines Gemeinschafts-Projekts mit dem Bürgerverein Gohlis geführt. Wie haben Friedliche Revolution und deutsche Einheit das Leben der Zeitzeugen verändert? Wofür haben sie sich engagiert? Was wurde erreicht, was nicht?

Von Maximilian Mehlhorn, Martin Opitz und Jamal Ziegler

Geboren 1949, studierte Gerd Klenk nach Schule, Berufsausbildung und Abitur an der Volkshochschule an der TH Leipzig, arbeitete ab 1986 im volkseigenen Betrieb „Forschung und Rationalisierung“ im Süßwarenkombinat und engagierte sich in der kirchlichen Umwelt- und Friedensarbeit. 1989 wurde er Vertreter des Friedenskreises Gohlis im „Synodalausschuss für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung im Kirchenbezirk Leipzig-Ost“. Nach Konkurs des Betriebes nach der Währungsunion 1991 wurde er Projektleiter in Beschäftigungsgesellschaften und später Migrations- und Schuldnerberater beim Caritas-Verband. 1992 gründete er mit anderen Gohliser*innen den Bürgerverein Gohlis; von 1998 bis 2014 war er dessen Vorstandsvorsitzender.

Herr Klenk, wie haben Sie die Friedliche Revolution miterlebt?
Ich habe sie aktiv miterlebt als Mitglied des Friedenskreises Gohlis, der am 9. Oktober 1989 das Friedensgebet in der Nikolaikirche gestaltete mit dem geänderten Thema „Volkes Stimme wollen wir sein“. Geändert deshalb, weil wir in der Zeitung als Konterrevolutionäre bezeichnet wurden. Wir forderten deshalb den Dialog mit allen Schichten der Gesellschaft. Die Situation war sehr brenzlig, wir hatten alle Angst, konnten aber nicht mehr zurück. Frau und Kinder blieben zu Hause. Man befürchtete – das war ja vorher angekündigt – der Polizei-Einsatz wird blutig. Viele Genossen waren in der Nikolaikirche, die noch nie in der Kirche waren und viel ängstlicher waren, als wir, logischerweise. Die kannten das ja nicht. (…) Der Pfarrer der Markusgemeinde und Initiator der Friedensgebete, dessen Aufruf „Keine Gewalt“ von allen Basis- und Friedensgruppen immer weitergetragen wurde, lieferte einen wichtigen Beitrag, um eine Eskalation zu verhindern. Im Synodalausschuss für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung waren auch Vertreter von Basisgruppen, die nichts mit Kirche am Hut hatten. (…) Das war immer schwierig mit denen, da sie eigentlich nur ihren politischen Protest zum Ausdruck bringen wollten. Diese Gruppen bestanden meist aus Ausreisewilligen. (…)

Wie standen Sie den damaligen Ereignissen gegenüber?
Ja, das war ‘ne ziemlich dramatische Zeit, und man hatte dabei natürlich Ängste, aber auch Hoffnungen. Nach dem 9. Oktober wurden alle Basisgruppen- und Friedensgruppenvertreter eingeladen ins Rathaus. Und da merkten wir, dass man versuchen wollte, uns zu überreden, dass wir Einfluss nehmen, dass der Dialog nicht durch Demos auf der Straße geführt wird, sondern geordnet eben in Häusern. Man dachte, man könnte es noch ändern, indem man den Kopf der Führung wechselte, durch Egon Krenz. Aber das war dann alles zu spät. Und was ich bedauere, ist: die meisten Leute hatten dann nur noch die D-Mark im Kopf. „Kommt die D-Mark nicht zu uns, gehen wir zu ihr“. Das war eigentlich nicht unser Ansinnen. Die Friedensbewegung wollte etwas Neues, eine Gesellschaft, die nicht so stark auf Konsum orientiert ist. Und wenn eine Vereinigung kommt, dann wollten wir uns da auch mit einbringen können, damit es etwas Gesamtdeutsches wird. Das ist es ja dann leider nicht geworden.

Was haben Sie sich für den neuen Abschnitt nach der Wiedervereinigung erhofft?
Ich hatte mir zumindest erhofft, dass die ostdeutsche Seite sich auch ein Stück mit einbringen könnte, dass der Wiedervereinigungsprozess nicht so verläuft, wie er dann verlaufen ist, also in einer Vereinnahmung, sondern zum Beispiel, dass man eine neue Verfassung vorschlägt; es gab ja nur das Grundgesetz. (…)
Wir wollten mehr. Und ich kenne auch viele in den alten Bundesländern, die wie wir gehofft hatten, dass diese Wiedervereinigung auch für sie eine Veränderung bringt, dass da was Neues entsteht, etwas Gemeinsames. (…)

Hätten Sie damals gedacht, dass es auch heute, 30 Jahre später, noch solche Differenzen zwischen Ost- und Westdeutschland geben wird?
Ich hätte nicht gedacht, dass es noch solche gewaltigen Unterschiede geben würde. Ich hätte mir eher gewünscht, dass wir – wie bei Fridays for Future – uns in eine positive Richtung engagieren, um die Gesellschaft zu verändern bei Themen wie Militarisierung und Umweltschutz und genauso Kapital und Konsum. Die ganze Gesellschaft ist ja sehr stark konsumorientiert. Aber Konsum ist ja nicht das Wichtigste. (…)

Was hätten Sie, wenn Sie damals Mitglied in der Regierung gewesen wären, anders gemacht?
In der Demokratie geht es ja immer darum, Mehrheiten zu bilden, das ist ja das Schwierige, und das war ja damals auch so, wenn ich keine Mehrheit habe, dann kann ich natürlich auch bestimmte Dinge nicht durchsetzen, wie im sozialen Bereich und beim Umweltschutz, obwohl das für die nächste Generation ein ganz wichtiges Thema ist. (…)

Was hätten Sie gern aus der DDR mit in die neue Zeit mitgenommen?
Löhne und Renten waren niedrig, aber auch die Mieten. (…) Gut war, dass in der DDR fast jeder einen Kindergartenplatz gekriegt hat. Außerdem das einheitliche Bildungssystem, auch wenn es negativ politisch belastet war. Wenn ich zum Beispiel von Leipzig nach Rostock gezogen bin, brauchte mein Kind nicht plötzlich neue Schulbücher, weil der Lehrstoff an der Schule dort anders ist als hier. Und natürlich die Zuschüsse für Grundnahrungsmittel. Eigentlich brauchte niemand Existenzangst zu haben.

Fazit

Das Interview mit Gerd Klenk war sehr interessant und aufschlussreich. Man lernt zwar in der Schule einiges über die Friedliche Revolution und die Wiedervereinigung, aber das alles ist rein objektiv. Die subjektive Meinung einer einzelnen Person, in unserem Falle Gerd Klenk, ist da nochmal was Anderes. Wir haben einige neue Dinge erfahren, die uns teilweise auch sehr überrascht haben. Wir können die Methode des Zeitzeugen-Interviews zum Thema Friedliche Revolution und Wende nur empfehlen, solange es noch möglich ist und Zeitzeugen leben.

(Der Text wurde bearbeitet und gekürzt von Ursula Hein, Wolfgang Leyn und der Redaktion)

 

Zu Gast beim Bürgerverein Gohlis – Nacht der Kunst 2020

Von Peter Niemann

Gleich zwei Künstler erhielten in diesem Jahr die Gelegenheit, in Kooperation mit dem Bürgerverein Gohlis im Budde-Haus eine Ausstellung anlässlich der 11. Nacht der Kunst in Leipzig zu realisieren. Wie in jedem Jahr bereitete das besondere Veranstaltungsformat allen Beteiligten viel Freude. Es ist nämlich ein großzügiger Zeitraum, der den Gästen zwi-schen 16:00 und 24:00 Uhr zur Verfügung steht. Einmal im Kalenderjahr wird hier Raum geboten, bewusst und länger als notwendig auf der Magistrale des Leipziger Nordens (i.e. Georg-Schumann-Straße) zu flanieren und mithin Kunst in den vielfältigsten Formen an den zahlreichen Standorten entlang selbiger und deren Peripherie zu begegnen.
Vollzieht man nun den Perspektivwechsel und begibt sich in die Haut eines Veranstalten-den, wirkt besagtes Zeitfenster schon etwas sportlicher, da es wirklich anstrengt, acht Stunden maskiert in einem kleinen Raum zu verbringen. Das kann sich auf jeden Fall wie eine Ewigkeit anfühlen… Wäre da nicht dieser quasi ununterbrochene und sich i.d.R. erst gen Mitternacht ausdünnende Besucherstrom, der m.E. wirklich alle Widrigkeiten des Formates auszumerzen vermag und den größten Vorzug der Nacht der Kunst erlebbar macht: den niederschwelligen Zugang zu Unmengen an Kunst. Es erfüllt regelrecht mit Freude, so viele Menschen im direkten Kontakt mit Kunst zu erleben, als Ausstellender die so zahlreichen interessierten Fragen zu beantworten oder sich einfach nur mit ganz nor-malen Menschen aus dem Stadtteil über ästhetische Vorlieben auszutauschen. Vielerorts gab es dazu sogar Streetfood oder ein musikalisches Rahmenprogramm.

Es waren keine akustischen Reize, die am 5. September das sog. Musikzimmer im Budde-Haus erfüllten. Stattdessen bot sich den zahlreichen Besucherinnen und Besuchern visuell Erfahrbares in Form ausgewählter Werke aus dem Oeuvre des Künstlers KaySchwarz. So wurden die sonst eher dämmerig-tristen Wändflächen durch knallige Contemporary Ur-ban Art in verschiedensten Formaten gleichermaßen geziert und strukturiert. Die Ost-Ausrichtung des Hochparterre-Raumes und eine baubedingt eher suboptimale Patchwork-Beleuchtung rückten die Werke zwar in ein, den Kunstgenuss eher schmälerndes, diffus-funzliges Licht, aber um die Kunstwerke sollte es ja eigentlich an dem Abend ohnehin nicht primär gehen. Sie boten lediglich den Rahmen. Der Fokus galt einer Buchvorstellung: Erstmals sollte das Schaffen des Leipziger Künstlers durch das Medium des Buchs erfahr- und nachvollziehbar gemacht werden. Soweit zumindest der Plan. Book157 – KaySchwarz | Werkschau 2013 – 2020, so der Titel, hat es leider bis zu diesem Abend nicht aus der Dru-ckerei bis ins Budde-Haus geschafft. Die Präsentation musste dann notgedrungen digital via iPad, mit Infotafeln und natürlich mündlich erfolgen. Das Buch wird nun erst Mitte September erscheinen. Dieser Umstand hat zwar einige Enttäuschung hervorgerufen, im Endeffekt ist es Kunst und Künstler trotzdem gelungen, das Geschehen im Musikzimmer erlebenswert zu gestalten.

Auch im kleinen Büro des Bürgervereins im ersten Obergeschoss, dessen Nutzung sich ja sonst in Vereinssitzungen, Bürgersprechstunden und Ähnlichem erschöpft, war ordentlich Betrieb. Hier wurden nämlich die Wände von Kalender, Plakaten und Sonstigem befreit und durch Bernd Heyne genutzt, um seine digitalen Fotografien zum Thema Morbider Charme zu präsentieren.

Wir freuen uns in jedem Fall schon auf die nächste Nacht der Kunst!

Halloween im Budde-Haus: Grusel-Wusel-Geschichten

Von Jürgen Schrödel

Am 31. Oktober spuken bekanntlich unheimliche kleine Wesen durch die Stadt und fordern Süßes. Im Budde-Haus können sich an diesem Tag die kostümierten Gespenster nun selber mächtig erschaudern: Bei Grusel-Wusel-Geschichten aus aller Welt. Von 15.00 bis 18.00 Uhr lesen Mitglieder des Arbeitskreises für Vergleichende Mythologie Kurzgeschichten von Teufeln, Geistern und Hexenmeistern. Dazu lodert das Lagerfeuer, der Bürgerverein Gohlis bietet Basteleien an und im Biergarten gibt es schaurig schöne Speisen und Tränke.

Übrigens dürfen sich am 31. Oktober auch die Erwachsenen im Budde-Haus gruseln. Zur Lesung „Aber um Mitternacht… “ um 19.00 Uhr.

So war die Nacht der Kunst im Budde-Haus – Von Weibsbildern bis Mosaic Art

Von Jürgen Schrödl

Auch wenn das Budde-Haus nicht direkt an der Georg-Schumann-Magistrale liegt, fanden zur Nacht der Kunst 2020 weit über 1.000 Kunstinteressierte den „Umweg“ in die Lützowstraße 19. Bunt gemischt, von Alt bis Jung, von Schlabberhosen- bis Schlipsträger*innen. Man spürte, dass die Menschen nach den coronabedingten Entbehrungen wieder ganz hungrig sind auf kulturelle Erbauungen. An dieser Stelle auch ein dickes Lob an das Hygienekonzept durch die Organisator*innen der Nacht der Kunst.

Im Budde-Haus stellten zehn Künstler*innen aus, dazu viele weitere Künstler*innen im Skulpturengarten. Alle künstlerischen Genres waren vertreten: Malereien, Grafiken, Fotografien, Skulpturen, Objekte. Zum Beispiel die „Weibsbilder“ von Frank Schletter, „Mosaic-Globusse“ von LE Mosaic Art oder die „rostigen“ Installationen des Kunstraums Stahmeln.

Die offene Erzählbühne Leipzig 2020

Von Maria Carmela Marinelli

Die offene Erzählbühne Leipzig ist ein sozio-kulturelles Projekt, welches seit 2019 vom Kulturamt Leipzig gefördert wird. Das Projekt ist als generationsübergreifendes, experimentierfreudiges Angebot konzipiert worden, um alle Leipziger Bürger*innen anzusprechen: Junge und alte Leute gesellen sich und teilen einen Raum, in dem Geschichten erzählt und zugehört werden. Dadurch verschränken sich Tradition und Innovation, Interessen von jüngeren und älteren Generationen. Die Mischung von amateur- und professioneller Arbeit soll sowohl die Zugangsschwelle niedrig halten als auch den (nicht nur künstlerischen) Wert der offenen Bühne definieren.

Die offene Erzählbühne besteht aus zwei Teilen: Im ersten Teil werden die Zuhörer*innen dazu eingeladen, auf der Bühne selber Geschichten zu erzählen. Die immer mehr wachsende Besucherzahl zeigt, dass sich immer mehr Menschen freuen, dieses Format auszuprobieren. Und nicht nur als Zuhörer*innen, sondern auch als Akteur*innen und Mitgestalter*innen. Denn immer mehr Gäste melden sich für den ersten Teil mit einer 7-Minuten-lange Geschichte an, die sie auf der Bühne frei erzählen wollen. Im zweiten Teil gehört die Bühne Special Guests aus der regionalen, nationalen oder internationalen Erzählszene, die eine (oder mehrere) besondere Märchen und Geschichte(n) aus dem weltweiten Märchenkanon mitnehmen.

Am 11. November 2020, um 19 Uhr findet der letzte Termin für das Jahr 2020 im Budde-Haus statt. Die Erzählerin Katharina Randel aus Dresden wird uns als Special Guest besuchen und das Programm „Nimm dich in acht vor den Ränken der Frauen“ aufführen.

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