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Stadtteil

Gohlis in Geschichte und Gegenwart

von Wolfgang Leyn

Wissenswertes über Gohlis
1317 wurde das kleine Dorf Gohlis im Norden Leipzigs, zwischen Möckern und Eutritzsch gelegen, erstmals urkundlich erwähnt. Im 18. Jahrhundert entwickelte es sich zum beliebten Sommerquartier für wohlhabende Leipziger. 1890 wurde der Ort nach Leipzig eingemeindet. Damals hatte er bereits 19.000 Einwohner. Industriebetriebe entstanden. Die Bleichert-Werke waren um 1900 Weltmarktführer bei Drahtseilbahnen. Im 2. Weltkrieg blieb Gohlis weitgehend von Bomben verschont. Nach 1990 wurden infolge der Privatisierung durch die Treuhand alle Industriebetriebe liquidiert. 1992 zog die russische Armee aus ihren Kasernen in Gohlis und Möckern ab.

Gohlis ist heute eine beliebte Wohngegend. Von 2010 bis 2019 wuchs die Bevölkerung von 38.000 auf 45.000 Menschen. In Gohlis-Süd und -Mitte sind die Einwohner jünger als der Leipziger Durchschnitt, nicht so in Gohlis-Nord. Knapp 6 % der Bewohner sind Migranten. Gemessen an der Bevölkerungsdichte kommt Gohlis-Mitte hinter Neustadt-Neuschönefeld auf Platz 2 unter den Leipziger Stadtteilen.

Typisch für Gohlis ist die Vielgestaltigkeit der Wohngebäude: Villen, Siedlungshäuser und Eigenheime, Mehrfamilienhäuser aus der Gründerzeit, Quartiere des sozialen Wohnungsbaus der 20er- und 30er-Jahre, DDR-Neubauten, nach 1990 zu Wohnzwecken umgebaute Fabrikhallen und Kasernen. Rund 10 % Eigentumswohnungen stehen über 85 % Mietwohnungen gegenüber. Sie sind meist größer als der Durchschnitt in Leipzig, aber auch teurer. Betreutes Wohnen bieten fünf Seniorenresidenzen an.

Gohlis ist ein grüner Stadtteil. Parks und baumbestandene Stadtplätze, dazu die 14 Kleingartenanlagen, der Friedhof sowie Brachflächen nehmen gut ein Viertel der Fläche ein. Im Nordosten grenzt die Wohnbebauung an den Arthur-Bretschneider-Park, im Südwesten ans Rosental. Wichtig für die Lebensqualität, aber auch für Mikroklima und Biodiversität sind auch die Alleen sowie die Gärten vor oder hinter den Wohnhäusern. Im öffentlichen Raum werden viele Bäume gepflanzt, auf Privatgrundstücken leider immer wieder gesunde alte Bäume gefällt.

Für eine gute Verkehrsanbindung sorgen die Straßenbahnlinien 4, 10, 11 und 12, die Buslinien 80, 85 und 90 sowie zwei S-Bahnlinien, die S 1 von Leipzig-Stötteritz nach Leipzig-Grünau und die S 3 von Oschatz nach Halle-Trotha. Durch Gohlis führt die Bundesstraße 6. Seit den 90er-Jahren wurden zahlreiche Radwege sowie Radstreifen angelegt. Die vielen privaten Pkws führen zu Umweltproblemen, Staus und zugeparkten Straßen.

Alle wichtigen Supermarkt-Ketten haben Filialen in Gohlis, es gibt einige traditionsreiche Fachgeschäfte, zwei Wochenmärkte und mehrere Spätverkaufsstellen. Restaurants bieten die Auswahl zwischen gutbürgerlich-deutscher Küche, italienischer, französischer, griechischer, kroatischer oder aber asiatischer, d.h. vietnamesischer, chinesischer, japanischer bzw. afghanischer Küche. Es gibt vier Eisdielen. Im Sommer laden schattige Biergärten zum Verweilen ein. Als bekannteste Lokalität gilt die Gosenschenke, in der seit 1984 wieder Gose gezapft wird, jenes obergärige Weizenbier, das um 1900 Leipzigs Nummer 1 unter den Bieren war.

Ein Viertel der rund 20 Kindertagesstätten wurde seit 2019 neu eröffnet. Gohlis verfügt über sechs Grundschulen, vier Oberschulen, ein Gymnasium und eine Förderschule. Dazu kommen zwei Musik- und drei Tanzschulen. Angeboten werden Kurse für Karate und Taekwondo. Vielfältige Trainingsmöglichkeiten bestehen bei Motor Gohlis-Nord am „Stadion des Friedens“. Es gibt mehrere Fußball- und Tennisplätze, zwei Schwimmhallen, außerdem Fitness-Studios sowie reizvolle Joggingstrecken und Wanderwege.

Der Stadtteil ist reich an Baudenkmalen vom Spätbarock bis hin zum Neuen Bauen. Als architektonisches Kleinod gilt das Gohliser Schlösschen, erbaut 1756 im Rokokostil als Sommerpalais eines Leipziger Kaufmanns und seiner Frau. Dessen Garten ist der letzte noch erhaltene barocke Bürgergarten der Stadt. Kulturhistorisch interessant ist das kleine Bauernhaus, in dem Schiller 1785 die „Ode an die Freude“ dichtete. Unter den vier Kirchen in Gohlis ragt die 1932 geweihte Versöhnungskirche als bedeutender Kirchenbau der klassischen Moderne in Deutschland heraus.

Das Kulturleben im Stadtteil wird getragen vom soziokulturellen Zentrum Budde-Haus, dem Gohliser Schlösschen, dem Schillerhaus, von der Musikschule Neue Musik, dem Mediencampus der Sparkasse, der Stadtteilbibliothek, aber auch von Kirchen, Vereinen, zwei Kunstgalerien und einer Buchhandlung. In Gohlis bestehen Gemeinden mehrerer christlicher Konfessionen – evangelisch-lutherisch, freikirchlich, katholisch. Gemeinsam mit dem Bürgerverein laden sie alteingesessene Gohliser und Migranten zum wöchentlichen Treffen ins „Nordcafé“. Die Ahmadiyya-Gemeinde plant den Bau einer Moschee.

Am 12. August 2017 beging Gohlis den 700. Jahrestag seiner ersten – heute bekannten – urkundlichen Erwähnung. Aus Anlass des Jahrestages wurde nicht nur ein Fest mit mehreren Tausend Besuchern gefeiert. Nach der großen Arbeit des Gohliser Lehrers Willy Ebert, „Gohlis. Aus der Geschichte eines Leipziger Vorortes“ von 1926 ist es das zweite umfassende Buch zur Geschichte dieses Leipziger Stadtteils.1

Seit 2015 hatten sich Interessierte zusammengefunden, um die unterschiedlichen Facetten der Gohliser Geschichte zu beleuchten. Sie orientierten sich vor allem an ihrer individuellen Interessenlage, so dass deshalb nicht alle Bereiche der Gohliser Geschichte Berücksichtigung finden würden.

Das 2017 in zwei Auflagen erschienene Buch musste also unvollkommen bleiben. An dieser Stelle setzt nun das hier präsentierte Projekt einer internetgestützten und über das Internet zugänglichen Präsentation „Gohlis in Geschichte und Gegenwart“ an: Ein Teil der Lücken des gedruckten Buches soll gefüllt werden – jetzt schon mit dem „Aufschlag“ der ersten Texte für das Onlinebuch und in der Zukunft ergänzt durch weitere Texte und Abbildungen. Neben den bisherigen Autoren und Autorinnen ist die Publikation offen für alle Interessierten.

Von den 700 Jahren Gohlis, die im Buch angesprochen wurden, waren es vor allem die letzten 100 bis 150 Jahre, die die Aufmerksamkeit der Autorinnen und Autoren gefunden hatten. Dabei fällt jedoch Folgendes auf: Das 19. bis 21. Jahrhundert wurde vor allem unter dem Gesichtspunkt der Baugeschichte und der (eher Technik-) Geschichte einzelner Unternehmen abgehandelt. Die politische Problematisierung gerade dieses Zeitraums wurde indes vermieden: Es kostete Mühe, Ereignisse wie den 17. Juni 1953, die Friedliche Revolution von 1989/90 und andere markante Wendepunkte – auch der Gohliser Geschichte – überhaupt in das Werk hineinzubringen.

Auf Grund dieser Beobachtung sollen in der elektronischen Publikation ausführlichere und neue Texte zu diesen Themenbereichen erscheinen. Die Internetausgabe wendet sich zudem stärker in der Druckausgabe wenig oder gar nicht beleuchteten Themen zu: Das Schicksal jüdischer Unternehmen im Nationalsozialismus und die Deportation deutscher Familien jüdischen Glaubens werden beleuchtet. Beides ist in der Druckausgabe zu kurz gekommen. Es geht aber ebenso um die Beschreibung des Alltags im Nachkriegs-Gohlis, sowohl unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkrieges als auch in der DDR und in der Bundesrepublik.

„Gohlis in Geschichte und Gegenwart“ unterscheidet sich zudem von „700 Jahren Gohlis“ durch einen weiteren Umstand. Eine Reihe von Autorinnen und Autoren des gedruckten Buches hatte schon bei der Erstellung des Manuskripts signalisiert, das Internetprojekt an sich und eine Mitarbeit bei ihm abzulehnen.

Für die elektronische Publikation wurden deshalb völlig neue Texte verfasst, Themenbereich aus der Druckausgabe neu bearbeitet, freigegebene Texte von den eigenen oder von anderen Autoren als Ersatz geschaffen. Auch daran zeigt sich, dass die Internetpublikation work in progress, eine Arbeit im Entstehen, bleibt und bleiben wird.

In den Diskussionen des Jahres 2017 um beide Publikationen spielten Befürchtungen immer eine Rolle, ob beide Publikationsformen zueinander in Konkurrenz treten könnten. Es war lange das Ziel, mit der elektronischen Version eine Publikation zu schaffen, die das internet-affine Publikum anspricht, gleichsam Werbung für die Druckausgabe ist und diese ergänzt, sie aber nicht ersetzt. Wegen der genannten Umstände wird die Internetausgabe nunmehr alles sein: Ergänzung, Werbung und teilweiser Ersatz für die Druckausgabe, deren dritte, korrigierte Auflage aus rechtlichen und finanziellen Gründen nicht mehr zustande gekommen ist. Umso wichtiger wird das virtuelle Geschichtsbuch „Gohlis in Geschichte und Gegenwart“.

Die Internetpublikation wurde ermöglicht durch die großzügige Förderung seitens der Stadt Leipzig, die das Projekt mit der Bereitstellung finanzieller Mittel unterstützte. Viele Menschen, im Bürgerverein Gohlis, in der Leipziger Kommunalpolitik und in der Stadtverwaltung, haben dazu beigetragen, die Entscheidungsträger in unserer Stadt von der Idee eines „Onlinelexikons“ zu überzeugen. Autoren und Herausgeber sind ihnen zu großem Dank verpflichtet.

Ursula Hein/Matthias Judt

1. Gohlis von den Anfängen bis heute – Beiträge zur Ortsgeschichte

Redaktion, Recherche und Textbearbeitung: Ursula Hein und Matthias Judt

2. Baugeschichte, Architektur und Denkmalpflege

3. Genossenschaftliches Bauen

4. Wirtschaft, Verkehr und Infrastruktur

4.1 Verkehr

4.2 Handel und Gewerbe

4.3 Handwerk und Industrie

5. Kirchengeschichte

6. Geistiges Leben in Gohlis

6.1 Kunst, Kultur, Wissenschaft, Bildung, Schulen

6.2 Schulleben

6.3 Bekannte Gohliserinnen und Gohliser

7. Geographie und Natur

8. Menschen in Gohlis

9. Gohlis heute