von Maria Köhler
Vor 8 Jahren war Peter Niemann maßgeblich am Erhalt des Bürgervereins Gohlis beteiligt. Seitdem hat er als Vorstandsmitglied zahlreiche Projekte in Gohlis angeregt und auch umgesetzt.
Peter, wer das Wirken des Bürgervereins in den letzten Jahren verfolgt hat, ist mit Dir in irgendeiner Form schon einmal in Berührung gekommen. Für alle die dich nicht kennen, wer bist Du und was machst Du?
Ich bin Peter Niemann, 36 Jahre alt und lebe mit meiner lieben Familie, meiner Frau und meinen drei Kindern in Gohlis-Nord. Aufgewachsen in Dessau, studiert in Marburg und Edinburgh, ist nun Leipzig seit 2010 mein Zuhause. Derzeit absolviere ich mein Referendariat am Schiller-Gymnasium und unterrichte die Fächer Englisch und Ethik. Ich bewege mich wahnsinnig gerne an der frischen Luft, gehe wandern mit der Familie, laufe mit Freunden und engagiere mich natürlich für meinen Stadtteil.
Warum engagierst du Dich für Gohlis?
Es war bei mir immer schon so, dass ich, egal wo ich gewohnt habe, geschaut habe, was ich Sinnvolles in Verbindung mit meinem Wohnort oder meiner Ausbildung tun kann. Sei es als Schüler damals im Jugendparlament oder in der Fachschaft der Uni. Meine Frau, sie ist Gohliserin, habe ich beim Studium in Marburg kennengelernt. Durch sie und den Umzug nach Leipzig habe ich Gerd Klenk kennengelernt, damals Vorstandsvorsitzender des Bürgervereins in Gohlis. Als 2014 die existenzielle Frage nach Auflösung des Bürgervereins oder Neustart stand, war es für mich keine Frage, mich für den Stadtteil zu engagieren, in dem ich lebe. Ich bin (leider) immer ziemlich schnell darin, die Hand zu heben, wenn es darum geht, dass etwas organisiert werden muss. Oft damit natürlich zum Nachteil für die Zeit, die meine Familie dann mit meinem Engagement teilen muss. Aber ich empfinde große Zufriedenheit darin, zu sehen, was man mit ein paar Stunden Aufwand für einen Mehrwehrt für einen ganz Stadtteil entstehen lassen kann.
2014 hast Du als Vorstandsvorsitzender gemeinsam mit Tino Bucksch (Schatzmeister) und Matthias Reichmuth (Stellvtr.) den Bürgerverein neu aufgestellt. Wie war die Ausgangslage und was waren die größten Herausforderungen?
Als ich mit 28 Jahren den Vorsitz des Vereines übernommen habe, war die Aufgabe in meinen Augen zwar groß, aber auch beherrschbar. Zahlreiche Mitglieder hatten sich aufgrund der angekündigten Auflösung verabschiedet, die finanzielle Situation des Vereines war angespannt. Was blieb, war das teure Büro in der Lindenthaler Straße und das Gohlis Forum. Die erste Zeit stand also ganz klar im Fokus der Mitgliedergewinnung und der Akquise von Mitteln für die Miete und Realisierung von Projekten für den Stadtteil.
Du bist seit fast einer Dekade im Einsatz für den Bürgerverein. Auf welche Ergebnisse schaust du gern zurück und was hätte es in der Zeit nicht unbedingt gebraucht?
Da gibt es einiges an richtig schönen Erlebnissen und Ergebnissen. Ich find es toll, dass wir mit dem Nordcafé ein wichtiges Begegnungsangebot im Stadtteil verstetigt haben, dass die Stadt das Budde-Haus nicht veräußert hat und wir als Verein in unser altes Zuhause zurückgefunden und dort Teil des Ganzen sein können. Nicht zuletzt freut mich, dass wir den interreligiösen Dialog im Leipziger Norden auf den Weg gebracht haben, der – für mich als nicht konfessionell gebundener Mensch – aufzeigt, wie gut es ist, wenn verschiedene Glaubensgemeinschaften eng im Kontakt sind.
Was es in den letzten Jahren viel weniger gebraucht hätte, sind natürlich die mit dem Ehrenamt verbundenen Herausforderungen im gemeinsamen Umgang mit der Zeit und der Erwartung von Menschen, die sich gemeinsam engagieren und die Verantwortung übernehmen. Nicht immer passt es gut zusammen, nicht immer hat man die gleichen Ziele vor Augen. Das ist natürlich herausfordernd und auch unschön, gerade dann, wenn es dazu führt, dass Menschen aus diesen Gründen ihre Verantwortung niederlegen.
Du sprichst das Thema Herausforderung im Ehrenamt an. Was mutest Du deinen Mitstreiter:innen zu, wenn sie mit Dir ehrenamtlich arbeiten?
Sie können sich sicher sein, dass ich mich ziemlich genau an mein Wort halte und dass ich versuche, meine Fristen verbindlich zu halten. Die Mitstreiter:innen können sich auf mich verlassen. Sie müssen dafür jedoch auch in Kauf nehmen, dass wenn man sich mit mir über ein Thema unterhält, mir sofort 10 Dinge einfallen, was und wie sich dazu Projekte und Feste realisieren ließen. Wenn mich etwas interessiert, dann sprudeln ganz viele Ideen. Klar gehört Diplomatie, vor allem im Austausch mit Ämtern und Institutionen zum Alltag, aber darüber hinaus kann es natürlich sein, dass sich Mitmenschen durch meine klaren Positionen vor den Kopf gestoßen fühlen. Im Idealfall klärt sich dies immer relativ schnell, weil man auf der gemeinsamen Suche nach dem Missverständnis geht und es im Gesprächen klären kann. Nicht immer ist dies möglich, auch das muss man aushalten können.
Einen regelmäßigen Mehrwehrt schaffst Du mit Deiner Frau Agnes mit der Erstellung des Gohlis Forum. Weshalb machst Du das?
Mit bereitet es große Freude, mit den verschiedenen Akteur:innen im Stadtteil zu sprechen. Als Redakteur gibt es dazu natürlich immer mal wieder Gelegenheit für einen intensiveren Austausch. Das macht Spaß! Gemeinsam habe ich mit meiner Frau 2014 bis Ende 2016 und dann wieder ab 2020 das Gohlis Forum verantwortet. Die Leitung ist und bleibt eine wunderbare, aber sehr zeitintensive Aufgabe, einen interessanten Mix an Geschichten, Neuigkeiten aus dem Stadtteil in eine Stadtteilzeitung zu gießen. Die Menschen hier lesen es gerne, fühlen sich informiert und entdecken immer wieder Neues. Das ist doch wunderbar!
Im Herbst stehen Neuwahlen an. Was willst Du bis dahin noch anpacken und wie geht es für Dich weiter?
Mit liegt es am Herzen, dass die Projekte und Initiativen, die wir angestoßen haben, sich hier im Stadtteil verstetigen. Darüber hinaus stellt sich mit dem Abschluss der Lehrerausbildung bei mir im kommenden Jahr die Frage, wo meine Familie und ich zukünftig wohnen werden. Wir träumen schon lange von einem Garten, mehr Ruhe und natürlich auch mehr Zeit für einander. Ob Irland, Alpen oder Küste – auch wenn ich wahnsinnig gerne in Leipzig lebe, es wird sich neu würfeln. Derzeit bin ich an 3-4 Abenden ehrenamtlich auf Veranstaltungen, in Gremien und Arbeitskreise, ob für den Bürgerverein oder als Stadtbezirksbeirat – ich wünsche mir, zukünftig mehr von meiner Familie ausgehend zu schauen, wo ich mich einbringen kann und nicht umgedreht schauen zu müssen, dass ich meine Familie irgendwie unterbringe.
Mit einem Blick zurück, wer waren in den vergangenen Jahren für Dich wichtige Wegbegleiter hier in Gohlis?
Ganz klar Gerd Klenk. Er hat mir viele Wege bereitet und er hat mich zur aktiven Vorstandsarbeit motiviert. Und natürlich Tino Bucksch. Er hat in den vergangenen Jahren als Schatzmeister unfassbar viel abgefangen, dafür bin ich unwahrscheinlich dankbar. Ohne meine Frau wäre mein Engagement für den Bürgerverein nicht möglich und auch beim Gohlis Forum sind wir ein unschlagbares Team. Und natürlich viele Menschen, auf die ich in den vergangenen Jahren zählen konnte, einfach weil sie verbindlich Vorhaben unterstützt haben und damit wesentlich zum Erfolg beigetragen haben.
Abschließend gefragt: Was wünschst Du Dir von den Gohliser:innen für die Zukunft?
Nutzt die Angebote in unserem Stadtteil – all das Gute ist so nah! Und natürlich der beständige Wunsch: Bringt euch ein, engagiert euch für unseren Stadtteil und gestaltet das Leben hier vor Ort mit. Es lebt sich so viel wunderbarer, wenn man gemeinsam das Viertel lebenswert gestaltet.