Von Björn Opfer-Klinger

Am Wochenende des 10./11. Juni war es soweit: der Kindergarten Hildegardstift der Versöhnungskirchgemeinde feierte seinen 100. Geburtstag. Mitten im Ersten Weltkrieg von der Evangelisch-Lutherischen Kirchgemeinde Gohlis-Nord als Kinderbewahranstalt gegründet, erlebte das Hildegardstift seitdem eine äußerst wechselvolle Geschichte. Viele Aspekte und Fragen der 100 Jahre erscheinen aus heutiger Perspektive geradezu zeitlos, egal ob Finanzierungs- und Personalengpässe, das Verhältnis zwischen einem freien Träger wie der Kirchgemeinde und dem kommunalen Jugendamt oder den Herausforderungen infolge veränderter politischer Rahmenbedingungen und eines starken Bevölkerungszuzugs nach Gohlis. Vieles davon ist in ähnlicher Form wiederholt dagewesen, egal ob in der Zeit des „Roten Sachsens“ der Zwanziger Jahre, den schwierigen Jahren der Hyperinflation und der Weltwirtschaftskrise, der NS-Diktatur oder in den vier Jahrzehnten der DDR. Damit wurde das Hildegardstift ein wichtiger Bestandteil Gohliser bzw. Leipziger Stadtgeschichte. Bei allen Widrigkeiten und Herausforderungen, die nicht zuletzt durch viel Ehrenamt und Engagement gemeistert wurden, blieb das Hildegardstift stets ein wichtiger Bestandteil des Gemeindelebens der Gohliser Versöhnungskirchgemeinde. 2016 feierte das Hildegardstift sogar die Eröffnung eines zweiten Hauses in der Franz-Mehring-Straße, unmittelbar neben der Versöhnungskirche.  Das Jubiläumsfest wurde unter viel Andrang am 10. Juni mit einem Tag der offenen Tür in beiden Häusern sowohl in der Hans-Oster-Straße als auch in der Franz-Mehring-Straße begangen. Dem schloss sich eine einstündige Vorstellung der Festschrift mit einer Präsentation der wichtigsten Stationen der Geschichte des Hildegardstifts und ein gemeinsames Grillen mit Ehemaligen an. Viele junge und alte „Kinder“ des Hildegardstifts waren dazu gekommen, teilweise von weit her. Die ältesten „Hildegardstiftkinder“ ließen dabei ihre Erinnerungen bis zurück in die frühen 1930er-Jahre lebendig werden und mehr als ein Fotoalbum wurde herumgereicht.

Am Sonntag, dem 11. Juni, wurde das Jubiläum dann in einem Fest- und Familiengottesdienst in der Versöhnungskirche gedacht. Danach wurde bis in den Abend hinein mit Kinderspielen, Musik und Festtafel gefeiert und viel, sehr viel erzählt. Bei dieser Gelegenheit trat auch der erst kürzlich gegründete Förderverein des Hildegardstifts auf.

Ein kleines Autorenteam hat in ehrgeiziger Kleinarbeit die hundertjährige Geschichte des Hildegardstifts in einer 144-seitigen Festschrift zusammengetragen. Dabei wurde immer wieder versucht, die Entwicklung des Kindergartens unter den Bedingungen der jeweiligen Zeit einzubetten und kritisch zu beleuchten. Auch wurden viele, bislang gänzlich unbekannte Originaldokumente des Gemeinde-, Stadt- und Kirchenarchivs abgedruckt. Die von der Leipziger Druckerei Böhlau gedruckte Festschrift erfuhr bereits seitens der vielen ehemaligen Hildegardstiftkinder große Nachfrage, kann jedoch auch weiterhin für einen Unkostenbetrag von 15 Euro im Gemeindehaus „Dietrich-Bonhoeffer-Haus“ in der Hans-Oster-Straße 16 erworben werden.