von Annekatrin Merrem und Agnes Niemann

Der ehemalige Leipziger Vorort Gohlis war mit seinen Rokokoschlösschen im 19. Jahrhundert ein beliebter Ausflugsort und Sommerwohnsitz vieler Leipziger Bürger. Als Orientierungspunkt in der Silhouette des Ortes diente vor dem Bau der Kirche in den Jahren 1871 bis 1873 allein der weithin sichtbare, prachtvoll gestaltete Turm des Schlösschens, das damals auch den Namen Turmgut trug.

Die Gohliser Kirchgemeinde wurde erst im Jahr 1869 aus der Eutritzscher ausgemeindet. Etwa zur gleichen Zeit wurde als Bauplatz für eine neue, eigene Kirche ein Ort unweit des historischen Dorfangers an der Menckestraße gewählt, der sich am Ende der zum historischen Leipziger Stadtkern führenden Gohliser Straße befand. Die Vorgaben beim Wettbewerb für den Kirchenneubau bezogen sich u.a. auf den Bauplatz, die Anzahl der Sitzplätze und die Grundform der Kirche als dreischiffiges, längsrechteckiges Gebäude mit Chor, Sakristei- und Kapellenanlagen im Osten. Die Baukosten durften die Summe von 30.000 Talern nicht überschreiten. Zum Baustil gab es keine Vorgaben, jedoch sollte der Bau als Backstein-Verblendbau, gegebenenfalls mit Sandsteindekoration, ausgeführt werden.

Schlussendlich standen zwei Entwürfe zur Realisierung zur Auswahl. Die Pläne des Architekten und Kirchenbaumeisters Hugo Altendorff (1843-1933) erhielten schließlich den Vorzug vor denen des Architekten Oscar Mothes. Neben den zu erwartenden Baukosten schien vor allem der Kirchenbauentwurfs von Altendorff als eher zurückhaltend gestaltete „Dorfkirche“ zu überzeugen, während der Entwurf von Mothes nach Auffassung der Gutachter eher den Charakter einer „Schlosskirche“ – vielleicht bewusst in Korrespondenz zum naheliegenden Rokokoschlösschen gedacht – hatte. In einer Stellungnahme des Vereins für kirchliche Kunst in Sachsen wurde dementsprechend auch die Hoffnung ausgedrückt, dass durch die Umsetzung des Entwurfs von Altendorff „…nun Leipzigs nähere Umgebung ein wirklich würdiges und der verweltlichten Architektur-Richtung entschieden Front machendes Gotteshaus bekomme, das anregend dort wirken muß…“.

Hugo Altendorff war als Architekt hauptsächlich auf den Bau eher dörflicher, vorstädtischer Kirchen spezialisiert. Die Friedenskirche ist ein Zeugnis seiner recht puristischen Auffassung zur Gestaltung evangelischer Kirchenbauten in enger Anlehnung an die liturgischen Vorgaben des Eisenacher Regulativs. Sein Streben nach „architektonischer Wahrheit“ suchte er im Ziegelrohbau in gotisierender Formensprache ohne unnötige ornamentale Details zu verwirklichen. Beim Bau der Friedenskirche ging Altendorff in diesem Sinne besonders weit, indem selbst die gesamte oktogonale Turmspitze als Ziegelrohbau aus frei gemauerten gelblich-braunen Formziegeln aus der ActienZiegelbrennerei zu Greppin bei Bitterfeld ausgeführt wurde.

Die schnörkellose, gemauerte Turmspitze mit schlichtem vergoldeten Kreuz als höchster Punkt des Gotteshauses bildet noch heute im Stadtbild einen wirkungsvollen Kontrast zu der von einer beschwingten Wetterfahne bekrönten Turmhaube des Schlösschens. Sie wurde in den ersten Jahren des neuen Jahrtausends detailgenau mit Formsteinen, die nach dem historischen Vorbild hergestellt wurden, erneuert. In einem der ersten Sanierungsabschnitte wurde die dringend erforderliche Dachneueindeckung unter Verwendung von Ziegeln nach Muster der bauzeitlichen Dachsteine realisiert. Den Boden des Inneren der Kirche bildet seit der Sanierung Gussasphaltboden, zudem wurden die alten Sitzbänke zugunsten von Stühlen entfernt, wodurch eine flexiblere Nutzung des Kircheninneren möglich wurde.

Seit dem Jahr 1999 ist die Friedenskirchgemeinde mit der Michaelisgemeinde vereinigt. Heute werden Gottesdienste hauptsächlich in der Michaeliskirche am Nordplatz gefeiert, die Friedenskirche soll als Ort lokaler Identität in Zukunft vorrangig für eine stadtteilbezogene Nutzung, Konzerte und Ausstellungen entwickelt werden und wird darüber hinaus seit einiger Zeit als „Jugendkirche“ genutzt. Gemeinde und Förderverein der Kirche engagieren sich für die stufenweise Sanierung der Kirche, die trotz veränderter Nutzung ihren Charakter als Gotteshaus behalten soll.