Interview mit Jürgen Schrödl, dem Leiter des soziokulturellen Zentrums

Frage: Herr Schrödl, der FAIRbund e. V. hat 2016 den Zuschlag für den Betrieb des Heinrich-Budde-Hauses bekommen und Sie sind seit Jahresanfang 2017 der Hausleiter. Was unterscheidet das Budde-Haus 2016 vom Budde-Haus 2018?

Schrödl: Es gab im Budde-Haus, d. h. in der Villa, zwar durchaus einige regelmäßige Nutzer, aber keine Außenwirkung. Das Kulturamt hat nur den bestehenden Zustand verwaltet, während wir systematisch für das Zentrum geworben haben, sowohl in Gohlis als auch darüber hinaus. Die Presseresonanz ist gut, und die Wahrnehmung als kultureller Ort im Stadtteil ist deutlich gewachsen. Wir sehen das auch an den Besucherzahlen: Selbst ohne den Biergarten und ohne die Kreativitätswerkstatt konnten wir in der Villa 2017 ca. 20.000 Besucher bei den zahlreichen Veranstaltungen begrüßen. Auch die Zahl der regelmäßigen Nutzer ist auf 23 Vereine und Einzelpersonen angestiegen, von denen 19 öffentliche Freizeit- und Bildungsangebote machen. Hinzu kamen 2017 noch 50 einmalige Nutzungen, etwa für Seminare, Kurse, Einzelveranstaltungen usw. Die Altersstruktur der Besucher hat ihren Schwerpunkt bei jungen Familien bis ca. 35 Jahren und bei älteren Besuchern ab Mitte 50.
Es hat sich aber auch an der Ausstattung einiges getan: So konnten wir mit dem Budde(l)-Platz einen Spielplatz im Außenbereich einweihen, und die Räumlichkeiten bekamen 130 neue Stühle, teils eine neue Beleuchtung, Zimmerpflanzen, Vorhänge usw. – alles mit dem Ziel, dass sich die Besucher im Haus wohl fühlen.

Frage: Während die Inneneinrichtung im Rahmen Ihrer Möglichkeiten liegt, gibt es doch weiter bauliche Defizite, die schon diskutiert wurden, bevor Sie den Betrieb übernahmen, von der Elektrik bis zur Heizung entspricht vieles nicht mehr den heutigen Anforderungen.

Schrödl: Es stimmt, dass eine Grundsanierung des Hauses noch immer aussteht. Besonders die fehlende Barrierefreiheit ist für viele Veranstaltungen ein Hemmnis, Kinderwagen und Rollstühle müssen dann die Treppenstufen hoch getragen werden. Und weil es an Fluchtwegen fehlt, ist das erste Obergeschoss nur eingeschränkt und das zweite nur für Lagerzwecke nutzbar. Wir sind jetzt mit dem Kulturamt im Gespräch, damit bald ein umfassendes Sanierungskonzept entsteht, das vom Brandschutz bis zur Fassade alles enthält.

Frage: Hat Gohlis mit dem Budde-Haus ein Alleinstellungsmerkmal oder könnte das Haus überall so stehen?

Schrödl: Das Haus hat im Unterschied zu vergleichbaren Zentren einige Besonderheiten, wie etwa die Aufteilung in mehrere parallel nutzbare Räumlichkeiten, so dass wir sagen können, dass es in keinem anderen Stadtteil ein solches soziokulturelles Zentrum gibt. Durch seine Entstehungsgeschichte als Villa des Fabrikanten Bleichert gehört es natürlich in die Nachbarschaft der ehemaligen Bleichert-Werke und damit nach Gohlis. Diese Geschichte des Hauses soll auch am Leben erhalten werden, hierzu werden gerade die Vitrinen entsprechend gestaltet. Auch die Vereine und ihr Publikum kommen vorwiegend aus Gohlis und den benachbarten Stadtteilen – gerade bei den vielen Gohliser Familien kommen einige Veranstaltungsformen, z. B. Theater für Kinder, sehr gut an. Daneben zielen aber einige Veranstaltungen auch auf das Publikum aus ganz Leipzig.

Das Interview führte
Matthias Reichmuth