vom Matthias Judt

Am 31. Januar 1898 versammelten sich 17 Personen, um die Voraussetzungen für die Gründung des „Bauvereins zur Beschaffung preiswerther Wohnungen“ zu schaffen. Er ist heute die älteste noch bestehende Wohnungsgenossenschaft in Sachsen. Bereits im Folgejahr konnten die ersten Wohnungen gebaut werden. Die Genossenschaft richtete zudem 1899 eine Sparkasse ein. Innerhalb der ersten zehn Geschäftsjahre errichte der Bauverein 70 Häuser mit insgesamt 614 Wohnungen, seit 1908 sogar die ersten Wohnungen mit Innen-WC. (1)

Seine rasante Entwicklung setzte sich in den nachfolgenden anderthalb Jahrzehnten weiter fort. 1927 verfügte er bereits über 274 Hauser mit 2.450 Wohnungen und Grundstücke für weitere 300 Häuser. Darunter befanden sich auch Wohnanlagen in Gohlis-Mitte, der Bauverein war aber weiterhin stärker in anderen Leipziger Stadtteilen engagiert. (2)

Allerdings bedeutete die Machtübernahme durch die Nationalsozialisten im Jahre 1933, dass die ambitionierten Pläne zum Bau von so vielen Häusern nicht mehr umgesetzt werden konnten. Die genossenschaftliche Selbstverwaltung wurde durch das Sächsische Arbeits- und Wohlfahrtsministerium beendet und das „Gesetz über die Beaufsichtigung und Anerkennung gemeinnütziger Wohnungsbaugenossenschaften“ vom 26. April 1934, das reichsweit erlassen wurde, schränkte den Handlungsspielraum des Bauvereins weiter ein. (3)

Der Zweite Weltkrieg bedeutete für den Bauverein einen harten Einschnitt. 51 Häuser mit 522 Wohnungen wurden völlig zerstört, 1.851 schwer beschädigt. Damit wurden drei Fünftel seines gesamten Wohnungsbestandes in Mitleidenschaft gezogen, und bis 1949 konnten erst 32 vollkommen unbewohnbare Wohnungen wieder hergestellt und etwa 1.100 instandgesetzt werden. (4)

Die 1950er Jahre waren für den Bauverein durch seine Umwandlung in eine „sozialistische Baugenossenschaft“ geprägt, die sich am Modell der seit 1953 gegründeten Arbeiterwohnungsgenossenschaften orientierten. Unter Beibehaltung des alten Namen wurde der Verein 1957 offiziell umgewandelt und markierte das 1959 auch durch eine Namensänderung: Aus dem Bauverein wurde die „Baugenossenschaft zur Beschaffung preiswerter Wohnungen“. (5)

In der Folgezeit fusionierte die Baugenossenschaft mit mehreren Wohnungsunternehmen. Zunächst gestalteten sich diese Fusionen als Eingliederungen kleinerer Genossenschaften. 1959 war es die „Gemeinnützige Wohnungsbaugenossenschaft Leipzig-Lindenau“, die sich der Baugenossenschaft anschloss. 1963 folgten die „Baugenossenschaft von 1895“ und schließlich 1969 die „Gemeinnützige Baugenossenschaft von 1911“ (ehemals „Baugenossenschaft Festbesoldeter“). (6)

1977 wurde jedoch eine Fusion mit mehreren Wohnungsgenossenschaften aus Markranstädt, Eilenburg, Zwenkau und Böhlitz-Ehrenberg umgesetzt und in diesem Zusammenhang die Baugenossenschaft in die Arbeiterwohnungsgenossenschaft (AWG) „Alfred Frank“ umgewandelt. Die AWG nahm damit den Namen eines im Januar 1945 von den Nationalsozialisten hingerichteten Mitglieds des damaligen Bauvereins an, der für die illegale KPD tätig gewesen war. (7)

Als große AWG konnte sich die Genossenschaft auch am industriellen Wohnungsbau beteiligen. Zwischen 1976 und 1989 wurden von der Genossenschaft 3.157 Wohnungen errichtet, davon 2.673 in Leipzig-Grünau. (8)

Im November 1989 wurde ein Ausschuss zur künftigen Entwicklung der Genossenschaft gegründet. Dieser beschloss die Rückbenennung der AWG „Alfred Frank“ in „Baugenossenschaft Leipzig eG“ (BGL). Sie startete in den Jahren ab 1991 ein umfassendes Sanierungs- und Modernisierungsprogramm, veräußerte in erheblichem Umfang Bestände und beteiligte sich am Rückbau von Plattenbauwohnungen in Leipzig-Grünau. Heute verfügt die BGL noch über ca. 9.000 Wohnungen, darunter solche an ihren Gohliser Standorten in der Georg-Schumann-Straße, der Sasstraße, der Corinthstraße, der Franz-Mehring-Straße, im Viertelsweg, in der Virchowstraße und der Würkertstraße. (9)

(1) vgl. https://www.bgleipzig.de/geschichte-gegenwart.html; http://www.vswg.de/verband/der-vswg/; https://de.wikipedia.org/wiki/Baugenossenschaft_Leipzig.
(2) vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Baugenossenschaft_Leipzig. Vgl. auch https://www.bgleipzig.de/unsere-wohnanlagen-a-524.html.
(3) vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Baugenossenschaft_Leipzig; Werner Schubert et al., Akademie für Deutsches Recht 1933 – 1945. Protokolle der Ausschüsse, Berlin (West)/ New York 1989, S. 15f.
(4) vgl. https://www.bgleipzig.de/geschichte-gegenwart.html.
(5) vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Baugenossenschaft_Leipzig.
(6) vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Baugenossenschaft_Leipzig.
(7) vgl. https://www.bgleipzig.de/geschichte-gegenwart.html; https://de.wikipedia.org/wiki/Baugenossenschaft_Leipzig.
(8) vgl. https://www.bgleipzig.de/geschichte-gegenwart.html.
(9) vgl. https://www.bgleipzig.de/geschichte-gegenwart.html; https://www.bgleipzig.de/unsere-wohnanlagen-a-524.html und http://wohnen-bei-uns.eu/pages/wir-ueber-uns/bg-leipzig.php.