von Elisabeth Guhr

Die Michaeliskirche ist bis September täglich von 15.00 – 18.00 Uhr geöffnet.

Ab 9. Juni findet mittwochs, 12.00 Uhr, die kleine Orgelmusik mit Studierenden der Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ Leipzig an der Sauerorgel von 1904 statt.

Die Ausstellungen in der Michaeliskirche sind dem Jubiläum „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ gewidmet:

Noch bis zum 13. Juni ist die Ausstellung von Friedensbibliothek/Antikriegsmuseum Berlin „Verschwundene Welt – Aufnahmen, Gedichte und Texte zur verschwundenen Welt des Ostjudentums“ zu sehen.
Die berührenden Aufnahmen von Roman Vishniac aus den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts zeigen ein unverfälschtes Bild der damaligen jüdischen Welt, die durch Krieg und Terror der Nazis untergegangen ist.

Vom 14. Juni bis 30. Juli erinnert die Ausstellung von Elisabeth Guhr
„Ich hatte einst ein schönes Vaterland“ noch einmal an jüdisches Leben in Gohlis und der äußeren Nordvorstadt, das vor hundert Jahren blühte und wenig später ein grausames Ende fand.

Veranstaltungen im Rahmen der Jüdischen Woche, die vom 27 Juni bis 4. Juli stattfindet:
1. Juli, 17.00 Uhr, Beginn vor der Michaeliskirche, Thematische Führung:
„Von Häusern und Menschen – jüdisches Leben in der äußeren Nordvorstadt“ mit Annekatrin Merrem und Elisabeth Guhr
(hierzu das Foto: Nordplatz 6, Geburtshaus Fritz Grübel. Foto: E.Guhr)

3. Juli 19.30 Uhr, Michaeliskirche: Szenische Lesung mit Prof. Friedhelm Eberle
Der Arzt von Wien, Monodrama von Franz Werfel, sowie Texte von Joseph Roth u.a., musikalische Begleitung Ketevan Warmuth
Franz Werfel schrieb sein Drama 1938 unter dem Eindruck des Freitods des bekannten Berliner jüdischen Arztes Ismar Boas. Der Begründer der Gastroenterologie, der in Wien im Exil lebte, setzte seinem Leben beim Einmarsch der Wehrmacht in Wien ein Ende.

4. Juli 14.00 Uhr, Beginn vor der Friedenskirche: Thematische Führung
„Von Häusern und Menschen – jüdisches Leben in Gohlis“ mit Annekatrin Merrem und Elisabeth Guhr

Im Mai gedachten wir mehrerer 100ster Geburtstage. Neben dem jüdischen Dichter Erich Fried, der als Gymnasiast vor den Deutschen nach England floh ist auch die Widerstandskämpferin Sophie Scholl im Mai geboren. Sie starb mit 21 Jahren unter dem Schafott. Nur einen Monat früher als diese beiden ist mein Vater geboren. Er war einer von den vielen verblendeten jungen deutschen Soldaten, die glorreich in den Krieg zogen und als Krüppel wieder nach Hause kamen. Mein Vater studierte nach dem Krieg Theologie. Bis zu seinem Tod hat ihn das Schicksal der Juden, des Gottesvolkes im Alten Testament, nicht losgelassen.

So habe auch ich mich mit diesem Thema immer wieder beschäftigt. Ich bin seit dreißig Jahren Gohliserin. Seitdem ich angefangen habe, nach dem Schicksal der Juden, die in meinem heutigen Wohnumfeld lebten, zu fragen, lässt mich dieses Thema nicht mehr los. Ich musste feststellen, dass kaum jemand von ihrer Existenz wusste. So gründlich hat die Verdrängung der Schuld nach Kriegsende funktioniert. Mit meinen Forschungen versuche ich, den vertriebenen, geflüchteten und ermordeten jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern, die vor hundert Jahren Tür an Tür mit ihren nichtjüdischen Nachbarn friedlich lebten, wieder ein Gesicht zu geben.

Ich bin froh, dass ich einen Teil meiner Forschungsergebnisse in einer Ausstellung für die Michaeliskirche zeigen konnte. Die Stadtteilführungen, die ich seit ein paar Jahren zusammen mit der Denkmalpflegerin Annekatrin Merrem mache, sind für uns beide eine Bereicherung und wir freuen uns, unser Wissen damit weiter zu geben.