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Gohlis, wir müssen reden!

Das Finale im „Superwahljahr“ für den Freistaat Sachsen naht: Vor den Landtagswahlen gibt es darum am 19. August in der Friedenskirche die Gelegenheit, hiesige Kandidierende im Live-Duell zu erleben. Wer kann, sollte sich das nicht entgehen lassen. Hier einige Gründe.

Zerstörte Wahlplakate in der Virchowstraße. Foto: A. Platzek

Insgesamt sieben Kandidierende werden am Montagabend auf dem Podium in der Friedenskirche Platz nehmen, um ihre Positionen vor dem Publikum im Wettstreit der besten Argumente zu beweisen: Wolf-Dietrich Rost (CDU, 71 Jahre), Christoph Neumann (AfD, 59), Cornelia Falken (Die Linke, 67), Petra Čagalj Sejdi (Bündnis 90/Die Grünen, 46), Bettina van Suntum (SPD, 50), Robin Schaluschke (FDP, 27) und Sascha Jecht (BSW, 36). Mit Rost und Sejdi treten damit zwei Mitglieder des jetzigen Landtags neben fünf Bewerberinnen ohne ein aktuelles Mandat an. AfD-Kandidat Neumann war zuvor von 2017 bis 2021 Mitglied des Deutschen Bundestages und Cornelia Falken bis 2019 langjährig Landtagsabgeordnete. Die Teilnehmenden sollen sich bei dem zweistündigen Wahlforum in unter anderem „Blitzrunden“ kurz und knapp zu politischen Fragen positionieren. Dazu werden auch die Gäste im Publikum eingeladen sein, sich mit ihren Fragen und Anliegen an der Diskussion zu beteiligen und mitzubestimmen, worüber debattiert wird. Zu diesem Wahlforum eingeladen hat die Sächsische Landeszentrale für politische Bildung. Und dass hier auch unter Gohliserinnen und Gohlisern viel Gesprächsbedarf besteht, liegt klar auf der Hand.

Denn die Europa- und Kommunalwahlen im vergangenen Juni hatten es zuletzt gezeigt: Es gibt nicht nur kleine Risse im gesellschaftlichen Zusammenhalt zwischen den Bewohnerinnen und Bewohnern unseres Stadtteils, sondern schon erste Gräben – wenigstens politisch gesehen. Während die vom Bundesverfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall gelistete AfD bei der Stadtratswahl 2024 12,9 Prozent der Stimmen in Gohlis-Süd und mit 13,5 Prozent nur wenig mehr in Gohlis-Mitte erhielt, lag sie in der Zustimmung mit 22,9 Prozent aus Gohlis-Nord nicht weit entfernt vom doppelten Wert. Und auch deutlich über den Ergebnissen des Wahlkreises bei den Landtagswahlen 2019.

Ähnliche lokale Unterschiede ließen sich bei der neuen Partei Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und den Grünen beobachten. Während das BSW in Gohlis-Süd auf 8,9 Prozent der Stimmen kam, verzeichneten die Auszählungsergebnisse in Gohlis-Nord 14,3 Prozent – einer der Spitzenwerte im Leipzig-weiten Vergleich. Die Grünen wiederrum erreichten im Norden unseres Stadtteils 8,9 Prozent, mit 18,9 Prozent in der Mitte und 21 Prozent im südlichen Teil beinahe bzw. mehr als das Doppelte.

Es gibt somit erhebliche Differenzen in den politischen Vorstellungen im Stadtteil, und dies eben nicht nur im Spannungsfeld der traditionellen Pole. Laut aktueller Sonntagsfrage wird voraussichtlich mehr als jede bzw. jeder Fünfte in Leipzig am 1. September für Kandidierende einer Partei stimmen, die in Sachsen als „gesichert rechtsextremistisch“ eingestuft ist. Mehr als Anlass genug für allerwenigstens deutliche Fragen auch an den AfD-Kandidaten für Gohlis. Oder warum dessen Wahlkämpfer die Briefkästen trotz eindeutiger Stoppschilder mit Parteiwerbung zumüllen, in denen u. a. die Forderung „Den Schutz der Ungeborenen verbessern“ steht – Wer lesen kann weiß, dass sich hinter dieser Formulierung in der Regel das Ansinnen versteckt, die reproduktive Selbstbestimmung von Frauen durch eine Verschärfung von Gesetzen auszuhebeln.

Aber auch für die Parteien der Mitte und jenseits des rechten Randes gibt es Anlass, sich klar zu positionieren, mitunter schon zu kleinen Alltagsthemen. „Ihr wollt ins Freibad Schönefeld fahren? Macht das besser nicht“, hört man heutzutage Gohliser Eltern einander während sonniger Sommernachmittage in der „Robbe“ am Arthur-Bretschneider-Park raten. Warum?

Und wie sieht eine zukunftsfeste Migrationspolitik in einer krisengeschüttelten Welt aus? Wie den Fach- und Lehrkräftemangel beheben? Wie die sächsische Wirtschaft fit für das nächste Jahrzehnt machen? Welche Positionen gibt es zur Wasserstrategie im Freistaat, die dieses für jeden und alles essenzielle Naturgut für heutige und künftige Generationen bewahrt? Und ohnehin stehen wir alle in Sachsen auch in den nächsten fünf Jahren weiter vor den Megatrends demografischer Wandel, Klimakrise und einer neuen Polarisierung der Weltordnung mit ihren Folgen. Warum und wie wollen künftige Abgeordnete des Landtags im Großen wie im Kleinen ihren Einfluss nutzen, damit das Leben für Gohliserinnen und Gohliser in Zukunft gut und verlässlich bleibt? Wozu sicher auch gehört, dass die gute Nachbarschaft nur bei triftigen Gründen den politischen Meinungsunterschieden zum Opfer fallen sollte.

Gohlis, wir müssen reden! Am 19. August in der Friedenskirche, zwei Wochen vor den Landtagswahlen. Beginn ist um 19 Uhr.

Webseite zur Veranstaltung: www.slpb.de

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