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Die Revitalisierung des Gohliser Mühlengrundstückes

von Annekatrin Merrem

Die Existenz einer Wassermühle im südwestlichen Teil des ehemaligen Leipziger Vorortes Gohlis an der Flurgrenze zu Leipzig ist bereits seit dem Jahr 1384 urkundlich belegt. Der Mühlenbetrieb wurde über 500 Jahre lang aufrechterhalten. Seit 1852 war das Mühlengrundstück mit Unterbrechungen im Besitz der Stadt Leipzig. Der Gohliser Industrielle Adolf Bleichert war zwischen 1856 und 1870 einer der letzten Pächter des alten Mühlgebäudes. Als Ersatz für diesen Vorgängerbau entstand das heute noch bestehende Mühlengebäude im Jahr 1877. Das danebenliegende, Anfang des 19. Jahrhunderts errichtete ehemalige Wohngebäude beherbergte seit etwa 1870 bis in die 1960er Jahre den dem Mühlengut zugeordneten Gasthof. Der gastronomisch bewirtschaftete Mühlgarten war nach dem Abbruch der Wasserschenke und der Oberschenke am Gohliser Anger beliebtes Ausflugsziel für die Leipziger Bürger. Erst 1907 wurde der Mühlenbetrieb eingestellt und der Mühlgraben verfüllt. Im Zuge der großstädtischen Entwicklung Leipzigs nach der Eingemeindung 1890 plante die Stadt Anfang des 20. Jahrhunderts eine städtebauliche Umgestaltung des Mühlengrundstückes und des dazugehörigen Mühlholzes und der Mühlwiese, der sämtliche Gebäude zum Opfer gefallen wären. Nachdem von diesem Plan Abstand genommen war, wurden die Gebäude bis in die 1990er Jahre als Schlosserei, Lager und Wohngebäude genutzt.

Bis zum weitgehenden Einsturz des Hauses im Jahr 2006 in Folge von Brandstiftung waren am Giebel der ehemaligen Gastwirtschaft die Buchstaben „Zur Mühe“ befestigt (das „L“ war bereits vorher abgefallen). Sie erinnerten fragmentarisch an die ursprüngliche Nutzung und wurden zum Motto eines langen Weges der Planung zur Revitalisierung des Ensembles seit Beginn der 1990er Jahre. Bereits bei der Neuerfassung der Kulturdenkmale der Stadt nach der Wende waren die Gebäude und der verfüllte ehemalige Mühlgraben als Kulturdenkmale vermerkt. Denkmalschützer und Stadtplaner plädierten daher für die Erhaltung der Gebäude in ihrer überkommenen Gestalt. Auch die Mitglieder des Gohliser Bürgervereins wiesen im Laufe der Jahre immer wieder auf den besorgniserregenden Zustand der Gebäude hin. Auch dem Engagement des langjährigen Mitglieds des Bürgervereins Dr. Manfred Hötzel, der regelmäßig, u.a. im „Gohlis Forum“ über die Bedeutung der Gohliser Mühle informierte, ist es zu verdanken, dass der bau- und ortsgeschichtliche Wert des Ensembles unter den Gohlisern nicht in Vergessenheit geriet.

Mehrere Investoren bekundeten seit den 1990er Jahren Interesse an der Revitalisierung des Mühlengrundstückes, z.B. als Standort für kleinteiliges Gewerbe, Wohnanlage oder Hotel. Aufgrund des erheblichen Sanierungsstaus war der Gebäudekomplex aber akut gefährdet. Trotz des besorgniserregenden Zustandes setzte sich der damalige Leiter des Amtes für Bauordnung und Denkmalpflege Hans Gerd Schirmer noch im Jahr 2006 nach Beurteilung durch einen erfahrenen Statiker gemeinsam mit Denkmalpflegern und Gohliser Bürgern für die Sicherung des ruinösen Gasthofs ein. Kurz darauf wurde das Gebäude durch gezielte Brandstiftung nahezu zerstört.

Es vergingen Monate, bis im September 2009 durch die Stadtverwaltung endlich der Beschluss gefasst werden konnte, die Gebäude an eine Investorengemeinschaft, die ATRIUM Baubetreuungsgesellschaft mbH, zu verkaufen. Die „über den Wert der einzelnen Gebäude hinausgehende Bedeutung als Ensemble mit identitätsstiftender Charakteristik für den Stadtteil“ wurde mit einem Ideenwettbewerb für einen Kindergarten mit Wiederaufbau des ehemaligen Gasthofgebäudes mit modernem Anbau gewürdigt. Als Sieger des Wettbewerbs ging unter drei Teilnehmern das Architekturbüro „Mehner Architekten“ hervor, dessen Konzept der „gelungenen Verbindung von Alt und Neu“ schließlich zur Realisierung kam. Es gelang, den alten Gasthof in seinem äußeren Erscheinungsbild detailgetreu nach dem historischen Vorbild neu zu errichten. Als Ergänzungsanbau wurde ein abgewinkelter, zweigeschossiger moderner Gebäuderiegel mit Flachdach angefügt.

Heute befinden sich im ehemaligen Wohntrakt der Mühle Wohn- und Büroräume. Im Hauptgebäude sind Arztpraxen und ein Weinhandel untergebracht. Im kleinen Anbau, in dem sich vorher jahrzehntelang eine Schlosserei befand, ist heute eine Gaststätte. Die im Hof angrenzenden Freiflächen werden wieder als Biergarten bewirtschaftet, der im Sommer ein beliebter Treffpunkt der Leipziger ist.
An die ehemalige Nutzung erinnern heute die während der Sanierung im Bereich des Mühlgrabens gefundenen, jetzt im Hof aufgestellten Mühlsteine. Zur Eröffnung des Kindergartens trugen die gerade eingezogenen Kindergruppen ein Programm mit Liedern und Spielen zum Thema „Mühle“ vor. Das war auch für die am Bau Beteiligten die Bestätigung, dass sich alle Mühe zur Wiederherstellung des Ensembles gelohnt hat.

Annekatrin Merrem

 


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