DIY in Gohlis – Makerspace – Gemeinschaftswerkstatt für SELBER-MACHER:innen
von Peter Niemann
Es ist das Ende einer ganz kleinen Straße in Gohlis Mitte, wohin es mich an jenem Freitag im September verschlägt. Denn vor etwa einem Jahr hat sich in der Stoye-Straße ein Projekt angesiedelt, von dem ich schon viel Spannendes gehört habe und welches ich mir unbedingt live anschauen wollte: Der Makerspace. Genau so steht es auch auf dem Schild über der kleinen Tür im Eingangsbereich. Mit dem Übertreten der Schwelle öffnet sich eine weitläufige Halle und ich werde dort unmittelbar und sehr herzlich von Claire Fabian empfangen. Sie ist an jenem Tag Ansprechpartnerin für alle Anliegen der fleißig werkelnden Mitglieder des Makerspace und für interessierte Menschen, wie mich. Wobei es egal ist, ob man sich zum Arbeiten angemeldet hat oder spontan hereinschneit – man bekommt eine Führung durch die ausgedehnten Hallen sowie die Gelegenheit, alle möglichen Fragen loszuwerden.
Während meines Rundgangs war ich ziemlich beeindruckt von den vielen verschiedenen Gewerken und den unzähligen Möglichkeiten, die sich dem kreativen Menschen hier auf rund 600qm bieten: So gibt es einen Textilbereich mit Industrienähmaschinen, Dampfbügeleisen und großem Zuschneidetisch. Daneben gut ausgestattete Bereiche für Keramikherstellung und Metallbau. Auch ein sogenanntes FabLab (Fabrikationslabor) ist zu finden, wo der Zugang zu modernen Fertigungsverfahren ermöglicht wird. Hier findet man einen Laser, für Gravuren auf Werkstücken etwa oder für den Beschnitt von selbigen. Derzeit wird die Anschaffung einer CNC-Fräse sowie eines 3D-Druckers vorangetrieben. Im südlichen Teil bieten lichte Räume Platz für Workshops und die technischen Voraussetzungen für professionelle Videokonferenzen. Weiter hinten in der Halle entstehen derzeit eine (mobile) Fahrradwerkstatt, eine Siebdruckanlage sowie ein Fotostudio nebst Dunkelkammer. In dem sehr gemütlichen Bar- und Aufenthaltsbereich im Zentrum des Makerspace treffen sich die Mitglieder gerne in den Pausen.
Claire selbst ist Biologin, im Makerspace für den Keramik-Bereich zuständig und unterstützt das Projekt schon seit Jahren ehrenamtlich. Dabei ist es nicht nur Leidenschaft fürs Handwerk, sondern das soziale Gefüge, welches Claire anspricht. Die Mitglieder stammen aus allen möglichen Altersgruppen und sozialen Schichten. Und so begegnen ihr immer wieder Menschen, mit denen sie sonst vermutlich nie in Kontakt kommen würde. Die Mitglieder seien grundsätzlich sehr hilfsbereit und viele von ihnen widmen ihre Freizeit nicht nur den eigenen Projekten, sondern sind auch an der Weiterentwicklung des Gesamtprojekts interessiert. Der neue Standort in Gohlis gefällt ihr ziemlich gut. Er ist größer als die Halle in der Bitterfelder Straße, die dem Makerspace von 2015 bis 2020 ein Zuhause bot. Zudem sei man im Herzen von Gohlis gut angebunden und es blieben so (fast) keine Wünsche offen.
Probleme bleiben selbstverständlich nicht ganz aus. Dabei reicht die Bandbreite von kleineren „WG-Problemen“ um Abwasch und Aufräumen von Arbeitsplätzen etwa, hin zu echten Herausforderungen. Völlige Barrierefreiheit, die Ausstattung mit sanitären Anlagen sind hier zu nennen sowie auch der eher träge Kontakt zur Hausverwaltung. Man wartet schon lange auf den Ausbau des Stromnetzes sowie eigentlich sogar vertraglich zugesicherte Heizmöglichkeit im Winter. Das ist v.a. auch hinsichtlich der teuren und teilweise sehr kälteempfindlichen Maschinen wichtig. Von der Stadtverwaltung und den Multiplikatoren vor Ort wünscht sie sich, dass man jetzt schon den Blick auf die Zukunft richtet. Der bestehende Festvertrag zwischen der Stadt und dem Eigentümer des Gebäudekomplexes hat nämlich nur eine Laufzeit von 10 Jahren. Ihr größter Wunsch ist Sicherheit für den Standort in Gohlis. Schließlich sei der Makerspace ein zeitloses Projekt, von dem die Menschen im Stadtteil und darüber hinaus immer profitieren können.
Wie kann man im Makerspace mitmachen?
Ganz grundsätzlich ist jede und jeder herzlich im Makerspace willkommen. Eine Mitgliedschaft kostet rund 25€ pro Monat und ein Antrag kann ganz einfach online ausgefüllt werden. Die Einnahmen fließen in die Wartung und Reparaturen von Maschinen sowie die Neuanschaffung von Geräten. Bevor man loswerkeln kann, bekommt man eine ebenso fundierte wie freundliche Einweisung in die Geräte und die Abläufe vor Ort. Außerdem braucht es immer engagierte Leute, die eigene Ideen in den Makerspace einbringen und weiterentwickeln, sei es als Workshopleiter/in oder Verantwortliche/r für ein bestimmtes Gewerk.
Gibt es Angebote für Kinder?
Auch wenn es für Kinder (leider!) gerade keine Workshops gibt und eine Mitgliedschaft erst ab 14 Jahren möglich ist, sind diese gerne gesehen. So bietet der bequem eingerichtete Aufenthaltsbereich genug Raum zum Warten, Spielen und Lesen. Natürlich können die Kleinen auch – unter den wachsamen Augen der Eltern und mit ein paar nachvollziehbaren Einschränkungen – fleißig mitwerkeln.
Wie kontaktiert man den Makerspace?
Ganz einfach im Rahmen der Öffnungszeiten vorbeikommen. Geöffnet ist der Makerspace täglich, außer sonntags und montags. Man kann sich auch via info@makerspace-leipzig.de anmelden. Sämtliche Informationen und aktuelle Termine finden sich ansonsten auf der Website https://makerspace-leipzig.de
Wo ist denn nun eigentlich diese Stoye-Straße?
Da selbst vielen gestandenen Gohliserinnen und Gohlisern ‚Stoye-Straße‘ erst einmal nichts sagen wird und auch Google Maps die Straße (noch) nicht zu kennen scheint, hier noch einige Hintergrundinfos zur erfolgreichen Verortung:
Im Mai 2018 nämlich, und analog zur Beschlussvorlage VI-DS-05361-NF-05 sprach sich die Ratsversammlung für die Teilumbenennung eines Straßenabschnittes der Halberstädter Straße aus. Eine genutzte Chance! Denn spätestens mit der feierlichen Einweihung vor ziemlich genau drei Jahren und der Installation von Straßen- und Zusatzschild wurde so ein Stück Gohliser Stadtteilhistorie transparent gemacht: Erinnert wird seitdem an den Leipziger Seitenwagen-Konstrukteur und -Hersteller Walter Stoye (1893-1970), dessen 1925 gegründetes Unternehmen ab 1944 an eben jenem Ort saß.
Das kleine Areal zwischen der Lindenthaler Straße, den beiden S-Bahnlinien und der Stoye-Straße entwickelte sich beständig weiter. Besonders markant ist der Gebäudekomplex des ehemaligen Autohauses. Dieser beherbergt seit September 2019 mit dem Kunsttanker den Ort mit der wohl größten Dichte an Kultur- und Kunstschaffenden im Leipziger Norden. Im September 2020 siedelte sich schließlich mit dem Makerspace ein wirklich tolles Projekt in der Straße an, das unseren Stadtteil hoffentlich noch viele Jahre bereichern wird.