[Stellungnahme] Entwurfsplanung zu den Baumaßnahmen südliche Landsberger Straße
von Katja Roßburg
In 2022/23 wird die Sanierung der Landsberger Straße zwischen Coppiplatz und Hans-Oster-Straße mit einem Investitionsvolumen von fast 10 Mio. Euro eine der wichtigsten Baumaßnahmen im Stadtteil sein. Die LVB beabsichtigen die Aufweitung der Gleisanlagen für den Einsatz von breiteren Straßenbahnen. Parallel ist seitens des VTA der zum Teil grundhafte Ausbau der Fahrbahn vorgesehen. Die Pläne dazu wurden Ende April in der Sitzung des SBB Nord vorgestellt und Ende August im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens veröffentlicht. Die Vorplanung wurde bereits 2017/18 ohne Beteiligung der Öffentlichkeit durchgeführt. Die AG Mobilität und Verkehr hat sich die Entwurfsplanung einmal genauer angeschaut:
Neuerungen: Fahrbahnsanierung, Gleisaufweitung, Parkstellflächen und Gehwegnasen
Die Gohliser:innen können sich nach Abschluss der Bauarbeiten über mehr als 20 Baumneupflanzungen und eine Reduzierung des Straßenlärms freuen. Zwischen Coppiplatz und Viertelsweg wird die Fahrbahn komplett saniert und Parkstellflächen werden baulich eingefasst. Durch Abmarkieren von Radfahrstreifen erfolgt ein wichtiger Lückenschluss im Radwegenetz. Die Sanierung auf diesem Abschnitt wurde bereits 2011 im Rahmen „Mach’s leiser“-Projekt des Ökolöwen mit Bürger:innen als Maßnahme zur Lärmminderung identifiziert.
Die LVB wird das Wendegleis im Viertelsweg modernisieren und das separate Gleisbett bis zur Hans-Oster-Straße verbreitern. Stadteinwärts soll ein lärmreduzierendes Rasengleis angelegt werden. Auf der gleichen Straßenseite wird außerdem eine Deckensanierung durgeführt. Der schmale Radweg wird dort auf die Fahrbahn verlegt. Der bisherige gemeinsame Geh- und Radweg bleibt zukünftig dem Fußverkehr vorbehalten. Parkstellflächen werden auch hier baulich eingefasst und befinden sich nach dem Umbau zwischen Radfahrstreifen und Gehweg. Für den Kfz-Verkehr ergeben sich damit keine besonderen Veränderungen, die bisherige Verkehrsführung und der Parkraum bleiben laut den Plänen erhalten.
Im Zuge der Bauarbeiten gibt es für den Fußverkehr einige Verbesserungen in Sachen Barrierefreiheit. An den Einmündungen fast aller Nebenstraßen werden Gehwegvorstreckungen angelegt, die das Überqueren erleichtern und für die Verlangsamung des abbiegenden Kfz-Verkehr sorgen. Dort sowie an den Ampelanlagen und Haltestellen werden Bodenleitsysteme installiert. Außerdem sollen Poller und Radbügel an den Gehwegnasen errichtet werden, damit Querungshilfen und Sichtachsen für den fließenden Verkehr frei bleiben.
Kritikpunkte: Mindeststandards für den Radverkehr nicht erfüllt – Chance für Verdichtung des Haltestellennetzes vertan
Aufgrund der Gleisaufweitung sind an den Haltestellen Anpassungen notwendig. Hier wäre wünschenswert, dass stattdessen die Inselhaltestelle zwischen Hölderlin- und Breitenfelder Straße zu einer Kaphaltestelle umgebaut wird, wie es in einer der Varianten der Vorplanung angedacht war. Ein Kap am Gehweg würde den Ein-/Ausstieg für LVB-Fahrgäste erleichtern. Diese müssten dann nicht auf einem schmalen Streifen mit schnell fahrendem Kfz-Verkehr im Rücken auf die Straßenbahn warten. Ebenso könnte das Passieren für Radfahrende an der derzeitigen Engstelle deutlich sicherer gestaltet werden, da die Anlage eines breiten Radfahrstreifens vor der Haltestelle auf dem Kap realisierbar wäre.
Wenn man bedenkt, dass die grundhafte Erneuerung auf die nächsten 20 bis 30 Jahre ausgerichtet ist, wird für die kommenden Jahrzehnte mit dem aktuellen Planungsstand ebenfalls die Möglichkeit vertan, das Haltestellennetz zu verdichten. So bietet sich an, die LVB-Haltestelle am Umstiegsknoten Coppiplatz zwischen die beiden Bahntrassen näher an den S-Bahn-Haltepunkt zu rücken und eine weitere Haltestelle auf Höhe Stauffenberg-/Matthissonstraße zu legen. Eine schnelle Erreichbarkeit von Haltestellen trägt deutlich mehr zur Attraktivität des ÖPNV bei als kürzere Fahrzeiten durch wenige Stopps.
Obwohl der Straßenabschnitt auch im „Aktionsprogramm für den Leipziger Radverkehr 2021/2022“ aufgeführt ist, kann bis auf den schon erwähnten Lückenschluss im Radwegenetz nur begrenzt von Radverkehrsförderung gesprochen werden. An den vorliegenden Plänen gibt es zahlreiche Kritikpunkte, die typisch für Leipzigs Radverkehrsplanung der letzten Jahre sind:
- Die neuen Radfahrstreifen (durchgezogene Linie) im südlichen Abschnitt unterschreiten die Mindestbreite von 1,85 m gem. den Empfehlungen für Radverkehrsanlagen (ERA), die als eine Art „DIN-Norm“ den aktuellen Stand der Technik darstellen. Aufgrund der Zunahme von Lastenrädern und Fahrrädern mit Anhängern, wäre gem. ERA sogar eine Breite von 2 m geboten.
- Die bereits existierenden Radschutzstreifen (gestrichelte Linie) mit teils nur 1,25 m Mindestbreite auf Höhe der Inselhaltestellen sind nicht StVO-konform, da ein Überholen von Radfahrenden durch einen Pkw oder Lkw mit 1,5 m Sicherheitsabstand nicht möglich ist. Abhilfe lässt sich hier durch eine leicht verengte Fahrbahnführung und entsprechende Beschilderung schaffen. Baulich wäre die Umgestaltung zu Kaphaltestellen die bessere Lösung.
- Durch die Verlegung des Radwegs zwischen Hans-Oster-Straße und Viertelsweg auf die Fahrbahn ist auf Höhe der Konsum-Filiale ein sog. Radfahrstreifen in Mittellage („Angstweiche“) geplant, d.h. Radfahrende, die geradeaus auf der Landsberger Straße weiterfahren wollen, werden an die Ampel zwischen zwei Kfz-Spuren geleitet. Diese Art der Verkehrsführung wird u.a. vom ADFC abgelehnt, da sie von vielen Radfahrenden als gefährlich empfunden wird und wissenschaftlich nicht belegt ist, dass sie zu einer Verringerung von Unfällen beiträgt. Auch hier war in einer Vorplanungsvariante die Führung am rechten Fahrbahnrand vorgesehen.
- An den Kreuzungen Coppiplatz und Viertelsweg fehlen Möglichkeiten zum sog. indirekten Linksabbiegen, dies ist aufgrund der Gleisanlagen und des damit verbundenen erhöhten Unfallrisikos zwingend erforderlich. Anstatt z.B. von Norden kommenden in die Coppistraße mit dem Kfz-Verkehr direkt nach links abzubiegen, fährt man zunächst mit einem Schwenk nach rechts in die Ludwig-Beck-Straße und wartet dort an der Ampel um anschließend geradeaus in die Coppistraße einzufahren.
- Vor den Ampeln enden Radfahrstreifen weiterhin im Nichts. Hier waren ebenfalls in den Vorplanungsvarianten zwar nicht optimale, aber sichere Lösungen erarbeitet wurden. In den jüngsten LVZ-Interviews betonen sowohl OBM Burkhard Jung und VTA-Leiter Michael Jana zwar, dass man sich diesen Gefahrenstellen bewusst ist und diese entschärfen müsste, aber auch in dieser Planung ist nicht zu erkennen, dass die Verantwortlichen die Lösung derartiger Probleme in Angriff nehmen.
Die Maxime scheint auch weiterhin zu sein, die Leichtigkeit des Kfz-Verkehrs zu Lasten der Sicherheit aller am Verkehr Teilnehmenden zu gewährleisten. Die Planungen sind bereits weit fortgeschritten und die Einbindung der Öffentlichkeit ist erst auf Anfrage durch Stadtbezirksbeirat und Bürgervereinsvorsitzenden Tino Bucksch über den SBB Nord im Nachgang zur ersten Pop-Up-Radweg-Aktion der AG Mobilität und Verkehr im März 2021 erfolgt. Die AG versucht sich auch weiterhin im Rahmen des laufenden Planfeststellungsverfahrens und über den SBB Nord bis zum Bau- und Finanzierungsbeschluss mit Anregungen und Einwendungen einzubringen.