Hermann und Dorothea – Flüchtlingsprobleme schon vor Jahrhunderten
Von Andreas Praße
1731 Flucht aus dem Fürsterzbistum Salzburg, 1792 und 1796 Flucht vor der Frz. Revolution. Einmal sind es Protestanten vor den Katholiken, einmal französischer Adel, später Deutsche aus den linksrheinischen Gebieten vor der Revolution, die doch die Freiheit bringen sollte.
Goethe schrieb dazu 1796/97 ein Epos in 9 Gesängen. Die Form ist uns heute eher ungewohnt, der Inhalt gegenwärtig, das gute Ende nicht immer zu erwarten.
Die Internationale Gesellschaft Orientalischer Christen zusammen mit dem Schillerhaustheater hat sich an dieses Stück gewagt und es am 23. Januar im Buddehaus als szenische Lesung vorgetragen. Leider haben sich nicht viele dazu eingefunden, vielleicht wagte man es nicht, sich einem ungewohnten Stück Literatur auszusetzen, vielleicht war die Zeit ungünstig, man weiß es nicht. Aber alle haben etwas verpasst. Vom Schillerverein lasen Dietmar Schulz und Hansjörg Rothe (der Initiator), Hartmut Kauschk, auch Inge Beer, Maria Hüttig und nicht zuletzt Saeed Kouki in verteilten Rollen, einander ablösend auf einem kleinen Podium im Gohliser Buddehaus, nur zwei Bilder als Eindruck.
Neben dem extrovertierten Auftritt von Dietmar Schulz beeindruckte der junge Saeed Kouki. Obwohl es für ihn ein erstes gemeinsame Spiel mit dem Ensemble war, wirkte er äußerlich erstaunlich unaufgeregt. Der Höhepunkt des Epos ist zweifellos die Offerte des Hermann, die Dorothea zunächst als Jobangebot missversteht, welches sie freudig annimmt, bis es sich als Heiratsantrag herausstellt. Das Stück, das vor allem von seiner hohen Aktualität lebt, endet so zumindest nicht mit einer „Scheinehe“, sondern mit einer auf Liebe gegründeten Ehe zwischen einem alteingesessenem jungen Bürger und einem armen Flüchtlingsmädchen.