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Unbenannte Plätze in Gohlis – vierter Teil

von Ursula Hein und Wolfgang Leyn

Es gibt mehrere Plätze in Gohlis, die eigentlich einen Namen verdient hätten. Nach dem (vergessenen) Schillerhain folgt ein kleiner grüner Platz an der Grenze von Gohlis-Mitte zu Gohlis-Nord. Begrenzt wird er von Virchowstraße, Viertelsweg und Wilhelm-Plesse-Straße. Die den Platz umgebenden Wohnhäuser aus den 1930er-Jahren sprechen für den Namen „Fritz-Riemann-Platz“ (wohlgemerkt mit dem Vornamen, sonst käme es zu Verwechslungen mit der Riemannstraße in der Südvorstadt, die nach dem Musikwissenschaftler und Lexikographen Hugo Riemann benannt ist).

Wer war Fritz Riemann?
Eigentlich sollte man diese Frage in Leipzig nicht stellen müssen, denn er war hier in den 20er- und 30er-Jahren der bedeutendste private Architekt und Städteplaner. 1881 im thüringischen Schlotheim geboren, studierte Riemann an der TU Darmstadt und kam 1908 nach Leipzig, wo er 1911-17 im Architekturbüro von Georg Lubowski arbeitete. Neben Häusern für private Auftraggeber plante Fritz Riemann dort für die Eisenbahnersiedlung in Lindenthal. Ab 1919 war er selbständiger Architekt.

Von 1921 an ging es dann mit Aufträgen Schlag auf Schlag: die Wohnanlage in der Blochmannstraße (ebenfalls für die Eisenbahner-Baugenossenschaft in Lindenthal), ab 1922 mehrere Wohnanlagen im Auftrag der neu gegründeten Baugenossenschaft für die Reichsfinanzbeamten, der heutigen Vereinigten Wohngenossenschaft e.G. (VLW) in Gohlis, Eutritzsch, Connewitz und Leutzsch mit insgesamt rund 2.000 Wohnungen. Dazu gehören die Wohnhäuser in der Coppistraße 23-31 und die Häuser entlang der Gottschallstraße sowie in der Kroker-, Ecke Renkwitzstraße, der wohl eindrucksvollste Genossenschaftsbau in Leipzig und darüber hinaus. Daneben entwarf Fritz Riemann auch etwa 500 Wohnungen und Einfamilienhäuser für andere Auftraggeber, darunter die Blöcke zwischen Rückert- und Wilhelm-Sammet-Straße. Nach 1945 sind keine Bauvorhaben von Riemann mehr bekannt. Er starb 1955 in Leipzig und wurde auf dem Südfriedhof bestattet, wo noch heute sein Grab zu finden ist.

Weshalb dieser Platz?
Warum soll es gerade dieser kleine Platz am Viertelsweg sein? Wie gesagt, an drei Seiten ist er von Gebäuden eingefasst, die Fritz Riemann entworfen hat, von den inzwischen privatisierten Genossenschaftsbauten des „Gohlis-Carrés“ entlang der Wilhelm-Plesse-Straße sowie weiteren Bauten für die VLW aus den 1930er-Jahren. Für die Benennung dieses grünen Fleckchens in Gohlis als Fritz-Riemann-Platz spricht außerdem, dass der Architekt eben dort den städtischen Bebauungsplan erheblich korrigiert hat, der ursprünglich eine andere Einmündung der Wilhelm-Plesse-Straße (damals Gravelottestraße) vorsah. Mit anderen Worten, der Platz, so wie wir ihn heute kennen, wurde von Fritz Riemann geplant.