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Günter Brendel – Was macht die Kunst?

Günter Brendel, Maler, Grafiker, Sichtwerber und Schriftenmaler – ein wahrer Multifunktionskünstler, den ich in seiner Wohnung besuchen durfte. Als die Tür aufging, wurde ich von einer unerwarteten Energie empfangen. Günter bot mir, ganz selbstverständlich und ohne Umschweife, in seinem charmanten sächsischen Dialekt das Du an. Mit fast 82 Jahren strahlte er eine Vitalität aus, die manch 20-Jährigen in den Schatten stellt. Ursprünglich hatte ich vor, ihm zu seiner Vernissage im Budde-Haus einige Fragen zu stellen. Doch stattdessen begann er, lebhaft von seinem Leben, seiner Traudel, um die er sich seit Jahren liebevoll kümmert, sowie von seiner Arbeit, seiner Kunst und seinen Erfindungen zu erzählen.

Ursprünglich wollte Günter Schriftsteller werden, doch seine lebhafte und dynamische Art ließ sich nur schwer mit der doch eher ruhigen Schriftstellerei vereinen. Für ihn ist Reden wie eine Form der Meditation. Er spricht über Pythagoras, das erste Foto von Jacques Mandé Daguerre und seine Erfindung, den Pythagomat, mit dem der Lehrsatz des Pythagoras mechanisch dargestellt werden kann. Günter beschreibt sich selbst als altmodisch und an Traditionen hängend. Er pflegt das Kulturgut der Handschrift, schreibt mit Feder, lebt ohne Handy und hat lediglich einen Festnetzanschluss für Telefon und Fax. Auch die sächsische Mundart liegt ihm sehr am Herzen.

Seine Ausbildung absolvierte er als Retuscheur, nahm an Zeichenzirkeln von Joachim Scholz teil und besuchte in der Abendakademie der HGB bei Harald Brödel Kurse für Schriftgrafik, um den Umgang mit Schreibfedern zu erlernen. Als Schriftenmaler und Sichtwerber arbeitete er im Blechverformungswerk Leipzig, wo er die ersten Radierungen auf Messingabfällen schuf und von seinen Kollegen den Spitznamen „Picasso“ erhielt.

Bis Ende März sind viele seiner künstlerischen Werke im Budde-Haus zu bewundern. Seine Themen umfassen Menschen, Landschaften, abstrakte Strukturen und grafische Elemente, darunter auch plastische Landschaften aus Buchstaben, wie das Bild „HOKUS“. Günter war auch auf den Bühnen von Leipzig aktiv und hatte ein eigenes kabarettistisches Programm. Orte wie das Haus Leipzig, der Klub der Intelligenz oder das Gewandhaus sind ihm nicht fremd. Zusammen mit Bernd-Lutz Lange, Gunter Böhnke und Stephan König am Klavier hatte er zahlreiche Auftritte. Günter hatte nie ein Atelier, sondern stets ein Arbeitszimmer, in dem all seine Werke entstanden – seit 1946 in der Wohnung, in die er als kleines Kind mit seinen Eltern eingezogen war. Sein Arbeitszimmer ist bis zur Decke gefüllt mit unzähligen Malereien und Grafiken, Lebenserinnerungen, niedergeschriebenen Gedanken, Büchern, Fotos, von ihm gestalteten Schallplattenhüllen sowie vielen seiner Handwerksutensilien und Erfindungen. Viele seiner Werke konnte er erfolgreich verkaufen, darunter eines an Bernd-Lutz Lange.

Die Zeit mit Günter verging wie im Flug. Auf jede meiner kleinen Fragen konnte er aus seinem reichen Erfahrungsschatz ausführlich antworten. Es war eine wahre Bereicherung für mich, Günter kennenzulernen.

Peter Petzka

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