Von Elisabeth Guhr

Ausstellung in der Michaeliskirche bis Oktober 2020, täglich 15.00 Uhr bis 18.00 Uhr

Die Ausstellung, deren erster Teil im vergangenen Jahr in der Michaeliskirche gezeigt wurde, war mit der Ankündigung „work in progress“ versehen. Nun wird in diesem Jahr neben den Tafeln vom letzten Jahr die Fortsetzung gezeigt.

In den letzten Jahren habe ich intensiv zum Thema Juden in Gohlis geforscht. Dabei konnte ich sehr viel über Menschen jüdischer Abstammung, die hier gelebt haben, erfahren. Kaum jemand weiß noch etwas von dieser jüdischen Geschichte in unserem Stadtteil. Es ist wie ein blinder Fleck. Deshalb ist mir viel daran gelegen, zu zeigen, welche Verluste Leipzig und speziell Gohlis und die äußere Nordvorstadt durch die Vertreibung, Zwangsemigration und schließlich Deportation der jüdischen und jüdisch-stämmigen Bevölkerung in der Zeit des Nationalsozialismus erlitten hat. Das Hauptanliegen der Ausstellung ist nicht das Gedenken an die Opfer. Ich möchte vielmehr an die vielen jüdischen Nachbarn erinnern, die hier zu Hause waren und deren Nachkommen heute über die ganze Welt zerstreut sind. Darunter sind bekannte Persönlichkeiten, aber auch solche, die zu Unrecht vergessen wurden.

Der erste Teil der Ausstellung befasst sich mit einem Geschichtsüberblick, den Familien Wittgenstein, Hirsch und Plaut, die im 19. Jh. in Gohlis wohnten, dem Schicksal der Familie Finkelstein, die hier in Gohlis und in der Nähe des Nordplatzes lebten, sowie die Beziehung des Schriftstellers Joseph Roth zu Leipzig und seinen Verwandten hier. Wichtig dabei war mir, die konkreten Wohnhäuser mit den Geschichten der Menschen zu verbinden.

Der zweite Teil der Ausstellung besteht aus fünf Doppel-Tafeln:
„Die Rauchwarenhändler – Träger des Handels mit dem Osten“ (Chaim Eitingon, Harmelin und Garfunkel lebten vor allem in der Nähe des Nordplatzes.);
„Intellektuelle mit jüdischen Wurzeln – Verleger, Architekten, Künstler, Literaten“, u.a. Kurt Wolff und die Expressionisten, und Georg Witkowski und die Bibliophilen;
„Wissenschaftler und Industrielle – Die Direktoren von Agfa Wolfen in Gohlis“;
Frauen wie Gerda Taro sind Thema: „jung, jüdisch, weiblich, widerständig – Jüdinnen in Leipzig (Gohlis), Paris und Schweden“.
Der letzte Teil befasst sich mit: „Auswanderung, Flucht, Exil – Verlust der Heimat“.
Lassen Sie sich einladen! Ich verspreche Ihnen, Sie werden Gohlis mit anderen Augen sehen.
Ich wünsche der Ausstellung ein reges Interesse und bin gerne bereit, Fragen zu beantworten oder bei besonderem Interesse auch Führungen für kleine Gruppen durch Gohlis oder die Nordvorstadt
zu machen.